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Asien Kurier  6/2015 vom 1. Juni 2015
Asien

Asien - Löhne sind nicht alles!

Die Formel f�r Verlagerungen in Asien wird komplexer.

Von Dr. Doreén Pick in Berlin

Günstige Fertigungs- und Lohnkosten waren ein zentrales Motiv hinter den großen Wellen der Produktionsverlagerung nach Asien in den späten 1990er und frühen Nullerjahren. Aber wie in VWL-Lehrbüchern beschrieben, kommt es zwischen handeltreibenden Ländern auf Dauer zur Angleichung der Preise für Kapital und Arbeit. Letztere macht sich in einem Anstieg der Löhne in den Schwellenländern bemerkbar. Produzenten müssen entscheiden, bis wohin die Mehrkosten akzeptabel sind und wann sie Alternativen ins Auge fassen müssen. Solche Entscheidungen sind jedoch kompliziert und müssen verschiedene Aspekte einbeziehen.

Beobachten lässt sich dieses Phänomen in exemplarischer Weise im Textil- und Bekleidungssektor, handelt sich hier doch um eine der personalintensivsten Branchen überhaupt. Zudem gelten Textilien als besonders preissensible Waren, bei denen die Kunden nur minimale Preissteigerungen zu akzeptieren bereit sind. Neben der Einführung von regelmäßig nach oben angepassten Mindestlöhnen lassen auch die nötigen und begrüßenswerten Verbesserungen bei den Sicherheitsstandards die Fertigungskosten kontinuierlich steigen. Die Folge: sowohl die lokalen als auch die internationalen Hersteller prüfen systematisch Verlagerungen in andere Länder. Exakt das geschieht dies schon seit Geraumen in China. Vor allem dort sind die Personalkosten in den letzten Jahren deutlich nach oben gegangen.

Textilproduktion in Vietnam Mit einem Monatslohn von 90 bis 130 US$ ist Vietnam auch f�r die Bekleidungsindustrie noch ein profitabler Standort.
Unser Bild zeigt die Thuan Phuong Garment Company nahe Ho-Chi-Minh-City.
Foto: Jeanette van Deelen

China: Differenzierung der Produktion
Der Mindestlohn steigt pro Jahr um rund 10% � weitaus stärker sind jedoch die Zuwächse für Berufsgruppen, bei denen umfangreichere Qualifikationen mitgebracht werden müssen. In der Konsequenz sind vor allem High-Quality-Produkte in China um bis zu einem Drittel teurer als in anderen asiatischen Ländern, generieren aber auch höhere Gewinne. Galt die Volksrepublik zunächst als Eldorado für die globalen Textilketten, richtet sich deren Blick jetzt speziell in die südostasiatische Nachbarschaft. Interessant ist, dass chinesische Firmen den Blick noch weiter schweifen lassen und damit begonnen haben, Produktionsabläufe auf den afrikanischen Kontinent auszulagern. Im Fokus stehen hier vor allem Nigeria, Ghana und Tansania. Dieser Trend ist anderen Ländern nicht verborgen geblieben und so hat etwa Marokko damit begonnen, mittels spezieller Anreizprogramme Ansiedlungen aus dem Reich der Mitte offensiv anzuwerben. Um nicht der ganzen Branche auf Dauer verlustig zu gehen, fokussiert sich China im Gegenzug verstärkt auf Premium-Produkte und internationale Marken und versucht, die Produktionsprozesse durch einen höheren Technologieeinsatz weiter zu optimieren. Die Herstellung von einfacheren Produkten wie T-Shirts, Basis-Hosen und Nachtwäsche wird derweil gezielt in Länder wie Bangladesch und Vietnam verlegt.

Allerdings dürfte die Formel des Outsourcings etwas komplexer sein. Denn die Lohnkosten scheinen für Chinas Produzenten und deren Geschäftskunden nicht der alleinige Entscheidungsfaktor zu sein: Verglichen mit China sind die Lohnkosten in Bangladesch, Kambodscha und Myanmar zwar geringer, dafür existieren aber einige Unwägbarkeiten, die im Fall der Fälle auch die Stückkosten erhöhen können.

Entscheidender als die reinen Löhne dürften deshalb die Produktion umfassenden Gesamtkosten sein. Hierzu gehört, dass neben den in vielen Ländern zu zahlenden Mindestlöhnen auch die Kosten für gestiegene Sicherheitsvorschriften zu tragen sind. Katastrophen wie vor zwei Jahren, als in Bangladesch mehrere Produktionshallen eingestürzt sind, sollen so künftig unter allen Umständen vermieden werden. Hinzu kommt, dass auch die allgemeine Infrastruktur und der Ausbildungsgrad für die in China produzierenden Firmen relevant sind. Mit geringeren Löhnen in einigen asiatischen Ländern gehen eben auch häufig geringere Fertigkeiten der Mitarbeiter einher, sodass spezialisierte Produzenten weniger aus China verlagern dürften, als Unternehmen, die einfache Abläufe in der Herstellung ihrer Waren haben. Umso wichtiger dürften die differenzierte Beobachtung der Absatzmärkte und die genaue Auslotung der Zahlungsbereitschaften für (hochwertigere) Textilien und Bekleidung bei den Verbrauchern in Zukunft werden.

Bangladesch � Herausforderung Sicherheit
Höhere Löhne und Produktionskosten anderswo haben das Interesse an Bangladesch geweckt, das als die am schnellsten wachsende Exportnation im Bereich Textil und Bekleidung gilt und nach China zum zweitgrößten Produktionsland aufgestiegen ist. Der monatliche Mindestlohn in dem Sektor beträgt bis zu 168 US$. Nach dem Einsturz einiger Produktionsgebäude wie dem Rana Plaza in 2013, bei dem mehr als 1.100 Menschen ums Leben kamen und weitere 2.500 verletzt wurden, wurden zwar erste Sicherheitsmaßnahmen wie der Einbau von Rauchmeldern und Feuertüren ergriffen. Viele dieser Verbesserungen sind jedoch bis heute nicht vollständig umgesetzt: Immerhin kosten Feuertüren bis zu 2.000 US$, Hydrant-Pumpen bis zu 60.000 US$. Einige Produktionsstätten verzeichneten Kosten für die Umrüstung von bis zu 1,5 Millionen US$. Diese hohen Investitionen lassen vermuten, dass die Mindestlöhne für die nächsten Jahre trotz weiterer Proteste der Arbeiter wohl nicht ansteigen werden, da das Land ansonsten seinen Vorteil als Niedrigkostenland verlieren würde. Mehr als 2.700 der rund 3.500 Produktionsstätten, die für den Export produzieren, wurden bis Ende März 2015 hinsichtlich der Erfüllung der Sicherheitsvorschriften inspiziert. Bangladesch will damit schrittweise bei der Erfüllung internationaler Standards aufholen und so mittelfristig das negative Image der Branche verbessern, um weiter wachsen zu können. Mittlerweile hängen sage und schreibe 80% der Exporte Bangladeschs von diesem Sektor ab. Aktuell sind etwa 4.500 Produktionsstätten mit 4,4 Millionen Mitarbeitern registriert. Mit 80% arbeiten vor allem Frauen arbeiten in dem Sektor und tragen damit wesentlich zum (wenn auch noch geringen) Familieneinkommen bei.

Myanmar ist der Newcomer in Asien Pazifik.
100-120 US$ bekommt ein Textilarbeiter im Monat.
Foto: Jeanette van Deelen

Stetiger Aufholprozess in Myanmar
Auch Myanmar zieht verstärkt internationale Investoren im Textil- und Bekleidungssektor an. Zuletzt waren etwa 100.000-150.000 Menschen in 130 bis 350 Unternehmen beschäftigt. Die Daten schwanken je nach Informationsquelle stark. Übereinstimmung gibt es aber darin, dass noch 2003, als die USA die wirtschaftsfeindlichen Sanktionen über Myanmar verhängt hat, an die 400.000 Menschen in 400 Unternehmen in der Branche tätig waren. Die Produktion konzentriert sich auf die Yangon-Region, 50 neue Unternehmen sind in Pathein in der Ayeyarwady-Region geplant. Die Branche exportiert Waren im Wert von etwa eine Milliarde US$. Einige optimistische Beobachter gehen von Exporten in Höhe von bis zu 6 Milliarden US$ in den nächsten Jahren aus. Einer der wichtigsten internationalen Unternehmen, die im Land produzieren, ist die Fashion-Kette Gap aus den USA. Investoren kommen aber nicht nur aus den USA, sondern vor allem aus Asien. Speziell Firmen aus Hongkong favorisieren die Thilawa Special Economic Zone für die Eröffnung neuer Produktionsstätten. Die Direktinvestitionen (FDI) im Sektor haben sich 2013/2014 verdreifacht und liegen nun etwa bei 4,2 Milliarden US$ verteilt über 123 Projekte.

Deutsche Unternehmen importierten im Jahr 2013 Textil- und Bekleidungswaren im Wert von 56 Millionen Euro aus Myanmar � das macht etwa 50% der europäischen Importe aus Myanmar aus. Die Durchschnittslöhne der Branche liegen bei 100-120 US$ im Monat. Für die nächsten Jahre ist nicht unbedingt mit deutlichen Lohnsteigerungen zu rechnen, liegen die Vorteile des Landes doch vor allem in einfachen Fertigkeiten, die kaum Preissteigerungen zulassen. Konkret werden in Myanmar primär sog. CMP-Tätigkeiten durchgeführt (CMP = cutting, making, packaging). Selbst gegenüber anderen �low-cost production countries� wie Vietnam, Laos und Kambodscha, besteht in Myanmar noch ein deutlicher Lohnkostenvorteil. Eine Investition in Myanmar muss gleichwohl gut überlegt sein, denn das Land weist hohe Energiekosten auf, und die Stromversorgung ist bislang nicht durchgängig gesichert.





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