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Asien Kurier  11/2014 vom 1. November 2014
Korea - Russland

Koreanisch-russische Wirtschaftsbeziehungen

Von Dr. Alexander Toepel in Frankfurt

Für die russische Außenwirtschaft wird der Handel mit den ostasiatischen Staaten immer bedeutsamer: Seit der Jahrtausendwende ist der Anteil des Ostasien-Handels am gesamten Außenhandel von 9,4% auf 19% geklettert. Besonders gewachsen ist in diesem Zeitraum der Handel mit Südkorea: Er betrug 2013 das Vierzehnfache des Werts von 2000 (zum Vergleich: Der Handel mit Japan stieg im gleichen Zeitraum um das beinahe Zehnfache, mit den ASEAN-Staaten um das Elffache und mit der VR China um das Zwölffache. Gleichzeitig hat Russland ein besonderes geostrategisches Interesse an der koreanischen Halbinsel, da sich hier eisfreie Häfen befinden, die dem Land einen ganzjährigen Zugang zum pazifischen Ozean ermöglichen.

Handelsvolumen Korea mit Russland
(in Millionen US$)
Daten: UN Comtrade

Entsprechend dynamisch haben sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern seit dem Ende der Sowjetunion und der Aufnahme diplomatischer Beziehungen im Jahr 1991 entwickelt. Südkorea hat sich seit dem Abschluss des ersten Handelsabkommens 1990 zu einem der wichtigsten Handels- und Investitionspartner Russlands in Ostasien entwickelt. Dass das gestiegene Handelsvolumen aus russischer Sicht trotzdem nicht unbedingt als Erfolg gewertet werden kann, zeigt ein Blick auf die veränderte Struktur des Außenhandels mit den ostasiatischen Staaten. Während diese in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung für Russland zugenommen haben, lässt sich umgekehrt nicht das Gleiche behaupten: Beispielsweise lag der Anteil Chinas am russischen Außenhandel in 2013 bei 10,3%, wogegen sich der russische Anteil am chinesischen Außenhandel nur auf 2,2% belief. Ähnlich sieht die Situation in Südkorea aus: Hier liegt der Anteil Russlands am gesamten Außenhandel mit 2,1% sogar noch unter dem chinesischen Wert.

Investitionstätigkeit
Ein ähnliches Bild ergibt sich im Hinblick auf die wechselseitigen Investitionen in Russland und Südkorea. Einem südkoreanischen Investitionsvolumen von aktuell 1,9 Milliarden US$ in Russland stehen 148,8 Millionen US$ russischer Investitionen in Südkorea gegenüber. Dieses Ungleichgewicht ist umso beachtlicher, als südkoreanische Investoren aufgrund von Altschulden der Sowjetunion erst seit 2004 ungehindert in Russland tätig werden konnten. Seit dieser Zeit haben sich die koreanischen Investitionen verachtfacht. Sie flossen dabei vor allem in die Fertigung (2008: 248 Investitionsprojekte), Land- und Forstwirtschaft (2008: 191 Investitionsprojekte), sowie den Groß- und Einzelhandel (2008: 111 Investitionsprojekte).

Bedeutende Investitionsprojekte sind das 2010 eröffnete Werk der Hyundai Motor Company in Sankt Petersburg, Produktionsstätten von Samsung Electronics im Oblast Kaluga (seit 2008) und LG Electronics in Moskau (seit 2006), sowie der 2007 eingeweihte Einkauf- und Hotelkomplex Lotte Plaza in Moskau. In der fernöstlichen Region Primorje, die unmittelbar an Nordkorea angrenzt, ist die Südkorea inzwischen zum größten ausländischen Investor geworden.

Zur Stärkung der gemeinsamen Wirtschaftstätigkeit wurde auf dem russisch-koreanischen Gipfeltreffen vom 13.11.2022 die Einrichtung eines mit 500 Millionen US$ ausgestatteten russisch-koreanischen Investitionsfonds beschlossen, der für Gemeinschaftsprojekte in den fernöstlichen Gebieten und in Sibirien eingesetzt werden soll. Diesem Projekt gingen Abkommen vom 19.11.2022 und 3.4.2023 voraus, die eine weitgehende Kooperation der beiden Länder auf wirtschaftlichem, wissenschaftlichem und technischem Gebiet vorsehen und deren Umsetzung im November 2013 noch einmal bekräftigt wurde. Mitte 2013 kündigte eine Gruppe südkoreanischer Banken und Industrie-Konglomerate außerdem an, bis zu einer Milliarde US$ in die Errichtung eines Kohle-Umschlagplatzes im Hafen von Wladiwostok zu investieren. Das von der koreanischen Regierung unterstützte Projekt befindet sich nach wie vor in der Planungsphase.

Absatzmarkt für südkoreanische Produkte
Aus koreanischer Sicht ist Russland vor allem als Absatzmarkt für Fertigprodukte von Bedeutung. Neben Fahrzeugen (2008: 54% des gesamten Exports nach Russland) und elektrischen/ elektronischen Geräten (2008: 14% des Gesamtexports) führt Südkorea Bohrausrüstung für die Öl- und Gasförderung auf Sachalin und Schiffe nach Russland aus. Jüngstes Beispiel für diese Entwicklung ist der Vertrag zum Bau eines Eisbrechers im Wert von 300 Millionen US$, den Daewoo Shipbuilding Marine Engineering (DSME) Anfang 2014 mit der russischen Staats-Reederei Sovcomflot unterzeichnete. Es wird erwartet, dass Aufträge für weitere 15 Eisbrecher mit einem Gesamtwert von 5 Milliarden US$ folgen werden. Besonders eng sind die wirtschaftlichen Beziehungen Koreas naturgemäß mit den fernöstlichen Gebieten Russlands, vor allem dem Oblast Sachalin und den Regionen Primorje und Chabarowsk, die zu den wirtschaftsstärksten im traditionell unterentwickelten östlichen Rand des Landes gehören. Der Handel mit diesen Gebieten macht 41,2% des gesamten russisch-koreanischen Handels aus.

Stabiler Exportanteil in Südkorea
Im Unterschied zu China, Japan und den ASEAN-Staaten konnte Russland seinen Exportanteil in Südkorea in den letzten 13 Jahren aufrechterhalten. Dabei weist die Handelsbilanz inzwischen wieder einen Überschuss zugunsten Russlands auf, der Abstand hat sich aber im Vergleich zu den Werten des Jahres 2000 prozentual verringert. Neben dem Volumen hat sich auch die Zusammensetzung der Importe aus und Exporte nach Korea verändert. So ist zwischen 2000 und 2013 der Anteil von Maschinen und Fahrzeugen am russischen Import aus Südkorea von 26% auf 73% angestiegen. Gleichzeitig verringerte sich der Anteil von Fahrzeugen und Maschinen am russischen Export nach Südkorea von 11% auf 2%, und selbst der Anteil des Exports von Eisen und Stahl brach von 13% auf 3% ein. Demgegenüber führt Russland in zunehmendem Umfang Rohöl und Flüssiggas nach Südkorea aus, daneben auch Aluminium und Aluminium-Produkte. In diesem Bereich sind in der letzten Dekade kräftige Zuwächse zugunsten Russlands zu verzeichnen: 2012 machten Öl- und Gaslieferungen bereits 69% des russischen Gesamtexports nach Südkorea aus (2000: 12%). In einem Abkommen vom September 2008 hat sich das Land außerdem bereit erklärt, ab 2015 für 30 Jahre russisches Erdgas abzunehmen. Es wird erwartet, dass Südkorea zu diesem Zeitpunkt etwa 20% seiner Gas-Einfuhren aus Russland beziehen wird, was den Anteil von Flüssiggas am russischen Export nach Korea nochmals deutlich erhöhen wird.

Rohöl und Flüssiggas
Besondere Bedeutung kommt dabei der Transport-Infrastruktur zu: Die im Dezember 2012 fertiggestellte ESPO-Pipeline (?Eastern Siberia-Pacific Ocean?) ist auf eine Kapazität von 80 Millionen Tonnen Rohöl p.a. ausgelegt. Das Rohöl gelangt dabei von dem Endpunkt der Pipeline, dem russischen Pazifikhafen Kozmino, per Tanker nach Ost- und Südostasien, sowie in die USA. Auf Südkorea entfallen dabei 29% der Transportmenge, womit das Land knapp hinter Japan (30%), aber deutlich vor den USA (16%), Thailand (11%) und China (8%) zu stehen kommt.

Erdgas wird auf der Insel Sachalin gefördert und seit 2009 am gleichen Ort in einer Flüssiggasfabrik mit einem Ausstoß von jährlich 10 Millionen Tonnen weiterverarbeitet. Mit Tankern wird das Flüssiggas hauptsächlich nach Japan und Südkorea verschifft. Obwohl Russland seinen Marktanteil am ostasiatischen Energiemarkt in den vergangenen Jahren ausbauen konnte, ist seine Bedeutung als Öl- und Gaslieferant aus koreanischer Sicht nicht überragend. Das liegt u.a. daran, dass Südkorea ähnlich wie China, Japan und die ASEAN-Staaten seine Energiequellen erfolgreich diversifizieren konnte. So betragen beispielsweise die russischen Gaslieferungen gegenwärtig nur 8% der koreanischen Gesamteinfuhr von Flüssiggas.

Ausbau der Infrastruktur
Da etwa die Hälfte der russischen Staatseinnahmen aus der Energiebranche stammt, werden die ostasiatischen Absatzmärkte, darunter auch Südkorea, auf absehbare Zeit ihre Bedeutung als Export-Destination für Öl und Gas behalten. Sachalin besitzt ca. 25% der russischen Öl- und ca. 6% der Gasvorkommen, die aufgrund nach wie vor eingeschränkter Transportmöglichkeiten nicht in vollem Umfang ausgebeutet werden können. Dies und die Bemühungen um verstärkte Handelstätigkeit erfordern einen Ausbau der bestehenden Infrastruktur. Konkret befinden sich zwei Projekte im Stadium der Planung: Eine Verlängerung der transsibirischen Eisenbahn in die südkoreanische Hafenstadt Busan und der Bau einer Gas-Pipeline von Wladiwostok nach Südkorea.

"Eiserne Seidenstraße"
Das unter dem Stichwort "Eiserne Seidenstraße" laufende Bahnprojekt wurde zum ersten Mal 2001 von Moskau ins Gespräch gebracht und findet nicht nur bei dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, sondern auch bei Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye starkes Interesse. Ziel des Projektes ist der preisgünstige Transport von Fertigprodukten aus Südkorea und Japan über russisches Gebiet zu den Absatzmärkten in Westeuropa unter Umgehung der aufwändigen Seeroute durch den Indischen Ozean. Russland würde dabei nicht nur von den Transit-Gebühren profitieren, sondern erhielte auch Zugang zu dem Transport-Knotenpunkt Busan, was den ganzjährigen Handel mit Japan und den ASEAN-Staaten erleichtern würde. Da die Trasse allerdings durch nordkoreanisches Gebiet führen müsste, ist ihr Bau nach wie vor völlig offen. Ob die Fertigstellung einer Anbindung der transsibirischen Eisenbahn an den (eisfreien) nordkoreanischen Hafen Najin im September 2013 ein erster Schritt in diese Richtung ist, bleibt abzuwarten.

Pipeline-Projekt Koreas an das russische System
Der Bau einer Pipeline von der russischen Grenze durch Nordkorea bis an die innerkoreanische Grenze geht auf einen Vorschlag des damaligen südkoreanischen Präsidenten Roh Tae-woo Anfang der 1990er Jahre zurück. Die Pipeline ist als Verlängerung des Systems Sachalin-Chabarowsk-Wladiwostok vorgesehen, das im September 2011 fertig gestellt wurde und Flüssiggas von den Förderorten auf Sachalin zur Verschiffung nach Wladiwostok transportiert. Dementsprechend wurde im November 2011 auf einem russisch-koreanischen Gipfeltreffen der Baubeginn für September 2013 projektiert. Die Pipeline hätte nach diesem Plan im Dezember 2016 fertig gestellt werden sollen, so dass die Gaslieferung im Januar 2017 begonnen hätte.

Einer Studie des Korea Institute for National Unification zufolge würden sich die russischen Gewinne allein aus der Belieferung des südkoreanischen Marktes in den kommenden 30 Jahren auf 90 Milliarden US$ belaufen. Südkorea hätte Zugang zu einem Angebot, das sich 30% - 70% unterhalb gängiger Marktpreise bewegt, und Nordkorea könnte immerhin jährlich 150 Millionen US$ an Transitgebühren erwarten. Allerdings ist es bisher bei Absichtserklärungen geblieben, so zuletzt auf dem Treffen zwischen den Präsidenten Russlands und Südkoreas im November 2013. Während also die technischen Voraussetzungen auf südkoreanischer wie russischer Seite gegeben sind, scheitert das Projekt vorerst an der politischen Unsicherheit in Nordkorea. Bis auf weiteres wird es daher bei der Verschiffung von Flüssiggas aus Russland nach Südkorea bleiben.

Da sowohl das Bahn- als auch das Pipeline-Projekt letzten Endes von der Kooperation des nordkoreanischen Regimes abhängen, hat Russland ein entsprechendes Interesse an der Zusammenarbeit auch mit diesem Land, mit dem es im Übrigen eine 17 km lange Grenze entlang des Tumen-Flusses besitzt. Dass diese Zusammenarbeit aus russischer Sicht hauptsächlich Mittel zum Zweck ist, ergibt sich aus dem minimalen Umfang des russisch-nordkoreanischen Handels (2010: 110 Mio. US$). Insgesamt gesehen ist die russische Seite an einer positiven politischen Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel interessiert, von der sie sich einen Ausbau der bisherigen Zusammenarbeit mit der Südkorea verspricht.

Kontakt

Dr. Alexander Toepel
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