Asien Kurier  12/2009 vom 1. Dezember 2009
Asien

Chinas Rohstofflager in Afrika

Von Helmut Reich in Hamburg

Im Zuge der Finanzkrise gerieten viele wichtige Wirtschaftsthemen in den Hintergrund. So auch der Rohstoffhunger Chinas, den das Land seit Jahren mit gro�em Aufwand in Afrika zu stillen versucht. Dies belebt die Wirtschaft vieler L�nder dort und verbessert die Infrastruktur des Kontinents. Kritik am Vorgehen der Chinesen bleibt jedoch nicht aus.

Die zunehmende Rohstoffknappheit vieler Regionen hat den Blick der roten Volksrepublik intensiv auf den auch in dieser Hinsicht vernachl�ssigten Kontinent Afrika gelenkt. Hier sind viele Ressourcen erst teilweise oder noch gar nicht erschlossen. Neben der mangelnden Infrastruktur hatten vor allem die oft unsicheren politischen Verh�ltnisse dazu gef�hrt, dass die riesigen Ressourcenkontingente Afrikas lange weitgehend ungenutzt blieben.

Doch das seit Jahren enorm wachsende Reich der Mitte prescht hier mittlerweile stark voran, mit dem R�ckhalt der Politik und nat�rlich einer Menge Geld ausgestattet. So werden viele afrikanische Infrastrukturprojekte von den Chinesen angesto�enen und h�ufig auch bezahlt. Die positiven Auswirkungen auf Verkehr, Kommunikation und medizinische Versorgung sind offensichtlich.

Zudem werden die Staatsfinanzen gefestigt, rechtliche Regularien geschaffen und die oft noch ziemlich isoliert agierenden Volkswirtschaften Afrikas besser in die weltweiten Wertsch�pfungsketten eingegliedert. Dar�ber hinaus entstehen viele Arbeitspl�tze, obwohl nicht wenige Arbeitskr�fte noch immer direkt aus der weit entfernten Volksrepublik eingeflogen werden.

All dies hat zur Folge, dass die Volksrepublik mittlerweile quasi freundschaftliche Beziehungen zu diversen afrikanischen Staaten pflegt - darunter auch solche, die vom Westen wegen ihrer umstrittenen Machthaber gemieden werden. So erhalten die oftmals durch lange Kriege ausgezehrten L�nder Afrikas f�r ihre Rohstoffe verlockend hohe Summen aus Staatskasse des Milliardenstaats oder es werden ihnen die Schulden erlassen. Das Ganze wird dann noch gew�rzt mit politischer Anerkennung.

Die Brisanz des chinesischen Vorgehens wird beim Blick auf einige L�nder deutlich, welche die Volksrepublik mit Rohstoffen beliefern. So geh�ren Angola, Kongo, Sudan und Nigeria zu den Staaten, in denen ein hohes Ausma� an Korruption herrscht oder die es mit den Menschenrechten oft nicht so genau nehmen - ein Vorwurf, den auch China kennt.

Durch die gegenseitige Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten kommen die Bem�hungen des Westens, in Afrika mehr politische Transparenz und Rechtsstaatlichkeit sowie demokratische Strukturen zu schaffen, nicht voran. Ganz im Gegenteil, korrupte Regierungen halten sich l�nger im Amt. Und im Gegenzug sichert sich das Reich der Mitte die politische Zustimmung afrikanischer Staaten bei internationalen Abstimmungen, zum Beispiel in Organisationen wie der UN. Keineswegs zu vernachl�ssigen ist auch, dass der afrikanische Kontinent einen gigantischen Absatzmarkt f�r die industrielle Produktion Chinas bietet.

Zu den gr��ten Problemen des chinesischen Rohstoffhungers geh�rt die Zerst�rung der Umwelt, denn ein nachhaltiges Wirtschaften hat sich in Afrika noch nicht durchsetzen k�nnen. Ebenso umstritten sind der illegale Export von Tropenh�lzern sowie die Missachtung sozialer und sicherheitsrelevanter Standards.

Kritiker mokieren dar�ber hinaus, dass der Ausbau der Infrastruktur oft nur dazu diene, die in Afrika gewonnenen Rohstoffe m�glichst schnell nach China zu transportieren, zumeist �ber den Seeweg. Dies sei ein einseitiger Ausbau des Verkehrsnetzers in Richtung der H�fen, der den oft noch brach liegenden Handelsbeziehungen zwischen den afrikanischen Staaten untereinander nicht dienlich sei.

Eine Untersuchung der Konrad-Adenauer-Stiftung nennt dagegen einige Abkommen, die zum Teil auch andere Infrastrukturprojekte f�rdern. So f�hrte China in Kenia Probebohrungen nach Erd�l zwar gegen die Gew�hrung eines Millionenkredits durch, in Uganda dagegen mit dem Bau zweier Wasserkraftwerke als Gegenleistung. Auch der Erzabbau in Gabun erfolgt nach der Errichtung eines Tiefseehafens, die Gewinnung von Eisenerz aus Mauretanien wurde durch den Bau eines Flughafens erm�glicht.

Der Aufbau eines Krankenhauses in Kamerun durch China erfolgte als Gegenleistung f�r die erm�glichten �llieferungen. Die wichtige Kupferversorgung Chinas aus Sambia wird wiederum vor allem durch ein massives Entschuldungsprogramm gesichert.

Die derzeit spannendste Entwicklung findet jedoch in Nigeria statt. Obwohl die Chinesen bereits mehr als ein Drittel ihrer �limporte aus Afrika beziehen, will der chinesische Konzern "China National Offshore Oil Corporation" hier 23 �lfelder kaufen - das sind rund ein Sechstel der �lreserven des Landes. Daf�r bietet das Staatsunternehmen laut Sch�tzungen von Experten bis zu 50 Milliarden US$ - ein direkter Angriff auf die gro�en globalen �lgiganten.

Westliche L�nder sehen das Engagement der Chinesen in Afrika daher eher skeptisch. Zum einem f�rchten sie, durch die starke Konkurrenz auf dem jungen Markt ins Hintertreffen zu geraten, zum anderen sehen sie ihre bisher eher zaghaften Bem�hungen unterwandert, durch die an politische Auflagen gebundenen Kredite f�r mehr Stabilit�t in Afrika zu sorgen.

Viele Konzerne werden jedoch nach �berwindung der Wirtschaftskrise ihr Augenmerk wieder verst�rkt nach Afrika und auf das dortige Rohstoffgesch�ft richten. Im Gegensatz dazu wollen die meisten deutschen Unternehmen vorerst nicht aktiv werden, das Risiko ist ihnen zu hoch. Immerhin: Versorgungsschwierigkeiten, insbesondere beim �l, sind trotz der bisherigen Zur�ckhaltung laut Experten vorerst nicht zu bef�rchten. Deutliche Preisanstiege sind allerdings m�glich, genauso wie bei Kobalt, Kupfer oder Gold.

Ob Chinas enormes Engagement in Afrika den Kontinent letztendlich st�rken oder schw�chen wird, muss die Zukunft zeigen. Denn f�r ein abschlie�endes Urteil gibt es derzeit noch zu wenig empirische Daten. Nicht mehr zu �bersehen ist jedoch, dass sich die Chinesen auf dem besten Weg befinden, am Wirtschaftsstandort Afrika langfristig die entscheidende Rolle zu spielen.