Asien Kurier  7/2009 vom 1. Juli 2009
China

Anti Dumping-Z�lle

Von Sebastian Maling, Partner der sourceit GmbH
p>Historisch gesehen entstand die EU aus einer Zollunion diverser europ�ischer Staaten. Damit wurde der Warenverkehr schon lange vor Gr�ndung der EU und den damit einhergehenden Bem�hungen, Richtlinien zu harmonisieren, eine Verfassung aufzusetzen und eine eigene W�hrung einzuf�hren, liberalisiert � was auch eine einheitliche Zollpolitik gegen�ber Drittstaaten bedeutet.

Wirtschaftsliberalisten sprechen sich grunds�tzlich meist gegen Z�lle aus, da dadurch in deren Augen Globalisierung und weltweiter freier Wettbewerb behindert wird. Die Zollpolitik der EU verfolgt jedoch ein ganz anderes Ziel: Der Zoll fungiert als ordnungspolitische Ma�nahme, mit der unter Anderem die jeweilige heimische Wirtschaft gesch�tzt werden soll. Die Ordnungsh�ter der EU legen gr��ten Wert darauf, die Problematik des Dumpings � wenn Produkte also beim Export g�nstiger als auf dem Binnenmarkt des Ursprungslandes angeboten werden � bestm�glich einzud�mmen. Der Grund daf�r ist, dass heimische Produzenten in der EU durch diese Wettbewerbsverzerrung nachhaltig gesch�digt werden. In solchen F�llen kann die EU-Kommission sogenannte Antidumping- und Retorsionsz�lle erlassen. Dies ist dann WTO-konform, wenn eine eindeutige Sch�digung der heimischen Produzenten nachgewiesen werden kann.

Das Verfahren im �berblick:

Grunds�tzlich liegt Dumping nach der �blichen Definition dann vor, wenn in einem Land Produkte zu einem niedrigeren Preis angeboten werden als im Ursprungsland zzgl. Transportkosten. Die EU regelt dies in Verordnung (EG) Nr. 384/96. Entscheidend ist jedoch, dass das Dumping im gro�en Stil vorliegt - sollte nur eine geringe Preisabweichung von nicht mehr als zwei Prozent vorliegen oder der Marktanteil mit bis zu drei Prozent gering sein, liegt nach herrschender Meinung kein Dumping vor. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Preisvorteil - unabh�ngig vom Umfang - durch Forschungs- oder Regionalf�rderung zustandekommt.

Da die WTO-Vertr�ge keine Verfahren gegen Dumping vorsehen, m�ssen die einzelnen Mitgliedsstaaten selbstst�ndig vorgehen � die WTO schafft lediglich die Grundlage daf�r, wann solche Verfahren zul�ssig sind. Jedes Anti Dumping-Verfahren muss durch einen schriftlichen Antrag, der von den Wirtschaftsteilnehmern gestellt werden kann, eingeleitet werden. Bei der Beantragung ist es unumg�nglich, Beweise f�r die Existenz des Dumpings und die damit einhergehende Sch�digung der heimischen Wirtschaft sowie f�r die Kausalit�t zwischen Dumping und Sch�digung vorzulegen.

Im n�chsten Schritt versucht die EU-Kommission, durch eine Analyse Existenz, Umfang und Auswirkungen des Dumpings festzustellen. Dazu wird ein angemessener Vergleich zwischen Ausfuhrpreis und Normalpreis durchgef�hrt, was der Ermittlung der sogenannte �Dumpingspanne� dient. Diese Untersuchung muss nach sp�testens 18 Monaten abgeschlossen sein. Fr�hestens 60 Tage und sp�testens neun Monate nach Einleitung der Untersuchung k�nnen vorl�ufige Anti Dumping- Z�lle mit einer G�ltigkeit von sechs bis maximal neun Monaten erlassen werden.

Sie sind in der Regel f�r einen Zeitraum von f�nf Jahren nach Ver�ffentlichung der Ma�nahme im Amtsblatt der EU g�ltig. Im letzten Jahr der G�ltigkeit, sp�testens jedoch drei Monate vor Auslaufen des Zolls k�nnen die jeweiligen Marktteilnehmer einen Antrag auf Pr�fung der Verl�ngerung stellen.

Die Z�lle treten in Kraft mit Ver�ffentlichung im Amtsblatt und gelten unabh�ngig vom Versanddatum f�r alle Warensendungen, die nach der Publikation an der Grenze zur Europ�ischen Union eintreffen.

Die meisten Anti Dumping-Verfahren der EU richten sich derzeit gegen die Volksrepublik China � und damit ist ein Spezialfall verbunden: Bei den Verfahren ist entscheidend, ob dem beschuldigten Land der Status einer Marktwirtschaft zugesprochen wird. Diesen hat die EU-Kommission China im Juni 2004 jedoch mit der Begr�ndung verweigert, dass in China vier wichtige Kriterien der Marktwirtschaft nicht gelebt werden:

- Freie Preisbildung: Staat nimmt Einfluss auf die Preisbildung einzelner Wirtschaftsteilnehmer
- Corporate Governance: aufgrund mangelhafte Bilanzierungsstandards nicht korrekt umsetzbar
- Geistiges und privates Eigentum: wird nur unzureichend gesch�tzt
- Finanzsektor: funktioniert nicht nach den Gesetzen des freien Marktes

Da das Recih der Mitte von der EU-Kommission also nicht als Marktwirtschaft anerkannt wurde, wird der Normalpreis nicht innerhalb Chinas, sondern in Drittstaaten, denen die EU den Status der Marktwirtschaft zugesprochen hat, ermittelt. Grundlage dieses Verfahrens ist die �berlegung, dass auch die Preise auf dem chinesischen Binnenmarkt durch einen zu gro�en nicht-marktwirtschaftlichen Einfluss des Landes nicht wie �normale� Marktpreise zu behandeln sind. Nat�rlich f�hrt dieses Vorgehen zu anderen Problemen, denn die Drittl�nder beteiligen sich nicht zwingend mit gleich gro�em Engagement an den Untersuchungen und verfolgen bei der Unterst�tzung der Untersuchung �fters auch eine eigene Agenda, so dass die Aussagekraft der Untersuchungen durchaus skeptisch hinterfragt werden muss.

Da China der WTO jedoch erst k�rzlich beigetreten ist wird dem Land eine �bergangsfrist von 12 Jahren bis 2015 zugebilligt, in der China als sogenanntes �Transformationsland� gilt. In diesem Zeitraum muss jeder Anti Dumping-Verdacht isoliert betrachtet werden. Jeder chinesische Hersteller hat also die M�glichkeit, im Laufe eines Verfahrens zu beweisen, dass er unter regul�ren marktwirtschaftlichen Bedingungen handelt. Historisch gesehen wird circa 50 Prozent der Antr�ge zugestimmt. F�r diese Exporteure gelten dann Sonderregelungen.

Auswirkungen f�r globale K�ufer:

In manchen F�llen �berraschen hohe Anti-Dumping-Z�lle selbst Industrieexperten. Im Februar 2009 hat die EU beispiesweise einen Anti-Dumping Zoll auf Schrauben aus rostendem Stahl aus China erlassen. Die H�he der Z�lle von fast 90 Prozent hat dabei selbst Experten �berrascht.

Als global agierender Eink�ufer ist es deswegen unabdingbar, sich laufend �ber neue und laufende Anti Dumping-Verfahren zu informieren. Eine gute Quelle ist dabei die Webseite der EU-Kommission. Eine Liste mit allen laufenden Verfahren finden Sie auf der Webseite ec.europa.eu/trade/issues/respectrules/anti_dumping/stats.htm

Wenn ein Verfahren �ber Produkte eingeleitet wird, die aktuell aus einem betroffenen Land beschafft werden, sollte rechtzeitig mit der Suche nach Lieferanten in anderen Regionen begonnen und auch das Gespr�ch mit den eigenen Lieferanten gesucht werden, ob diese nicht eine Ausnahmeregelung beantragen k�nnen. Ein zu sp�tes Handeln kann hohe finanzielle Einbu�en nach sich ziehen.

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