Asien Kurier  8/2009 vom 1. August 2009
Hongkong

Schwungvoll ins zweite Halbjahr

Von Dr. Roland Rohde, Germany Trade & Invest in Hongkong

W�hrend Regierung und Forschungsinstitute katastrophale Prognosen ver�ffentlichten, setzen die M�rkte seit Mai 2009 wieder ganz auf Aufschwung. Der Hang Seng Index hat sich deutlich erholt und der Immobiliensektor scheint mehr oder weniger unbeschadet aus der Krise hervorzugehen.

Im zweiten Quartal zogen die privaten Wohnungspreise wieder merklich an. Den Banken, die wieder gro�z�gig Hypothekenkredite vergeben, aber auch den Arbeitgebern, die kaum Personal entlassen haben, sei Dank.

Als freie und offene Volkswirtschaft ist Hongkong seit Ende 2008 in den Sog der internationalen Finanzkrise geraten. F�r 2009 erwartet die Sonderverwaltungsregion den - zumindest am R�ckgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gemessenen - gr��ten Konjunktureinbruch seitdem es statistische Aufzeichnungen gibt. Allerdings wird es nicht ganz so schlimm werden wie beispielsweise in Singapur. Die N�he zum relativ stabilen chinesischen Markt sorgt f�r einen gewissen Ausgleich.

Die Regierung, die sich lange Zeit gescheut hatte, eine aktuelle Prognose vorzulegen, ver�ffentlichte Ende Mai die ersten offiziellen Zahlen. Ihr zufolge soll die Wirtschaft 2009 zwischen 5,5 und 6,5 Prozent schrumpfen. Jedoch lagen die Beh�rden in den letzten Jahren mit ihren Vorhersagen stets daneben. So hatte dasBIP-Wachstum zwischen 2003 und 2007 die staatlichen Prognosen bei weitem �bertroffen. Die Hongkong Chamber of (HCC) Commerce erwartet daher nur ein Minus von 4,5 Prozent.

Doch es gibt auch andere Stimmen. Anfang Juni ver�ffentlichte Fitch Rating die Zahl von -9 Prozent. Selbst die pessimistischen unter den einheimischen Banken und Verb�nden k�nnen der Zahl jedoch nicht folgen.

Auch die Bev�lkerung l�sst sich durch solche Schwarzseherei nicht in Panik versetzen, zumal die Erwerbslosigkeit im Zuge der Krise nur leicht angestiegen ist. Im Mai stagnierte die Quote sogar erstmals seit Ausbruch der Krise bei gut 5 Prozent. Damit unterscheidet sich diese deutlich von vorhergehenden Wirtschaftseinbr�chen. W�hrend der Lungenepidemie SARS 2003 war die Erwerbslosenquote binnen weniger Monate auf �ber 8 Prozent gestiegen. Auch wenn die Arbeitslosigkeit im Sommer, wenn zahlreicheUniversit�tsabsolventen auf den Markt str�men, steigen d�rfte, rechnen Analysten nicht - wie zuJahresbeginn noch bef�rchtet - mit Werten von deutlich �ber 6 Prozent.

Der robuste Arbeitsmarkt hat selbst Experten �berrascht, denn in der Vergangenheit hatten sich die Unternehmen in schlechten Zeiten stets rasch von Personal getrennt. Sie machten vom laxen K�ndigungsschutz regen Gebrauch. In Hongkong k�nnen Arbeitsgeber ihre Angestellten unabh�ngig von der Dauer der Betriebszugeh�rigkeit nach einer vierw�chigen Frist auf die Stra�e setzen. Doch w�hrend der Finanzkrise hat sich das Verhalten der Firmen ge�ndert. Sie wollen ihr Stammpersonal m�glichst halten und setzen auf flexible Kosteneinsparungen. So wurden beispielsweise viele Angestellte dazu aufgefordert, unbezahlten Urlaub zu nehmen.

W�hrend Arbeitsmarktexperten noch mit ein wenig Besorgnis die Sommermonate abwarten, setzen Hongkongs M�rkte bereits voll auf Erholung. Der Hang Seng Index, der im Zuge der Krise zwischenzeitlich um fast zwei Drittel eingebrochen war, hat sich seit Ende Mai 2009 wieder merklich erh�ht. Auch der Wohnungsmarkt, der deutlich st�rker spekulationsgetrieben ist als in anderen L�ndern, zeigte wieder Anzeichen von Erholung.

Richtig eingebrochen waren die Mieten und Grundst�ckspreise ohnehin nicht. Darin unterscheidet sich der derzeitige Abschwung deutlich von der Asienkrise 1997/98. Damals war eine riesige Spekulationsblase geplatzt und hatte die Wohnungspreise auf eine jahrelange Talfahrt - in Verbindung mit einer sehr resistenten Deflation - geschickt. Mehr als zehn Jahre sp�ter erweist sich der Markt als deutlich robuster.

So sind die H�userpreise und Mieten im privaten Wohnungssektor zwischen Mitte und Ende 2008 nur um rund 20 Prozent zur�ckgegangen. Seit dem Fr�hjahr 2009 verzeichneten Makler zudem wieder einen Aufw�rtstrend. Goldman und Sachs beziffern die Preissteigerungen zwischen Januar und Juni auf 15 Prozent und erwarten im 2. Halbjahr ein Plus von nochmals 5 Prozent. Damit w�re das Vorkrisenniveau wieder erreicht.

Der Markt profitiert von einer regen Nachfrage von der einheimischen Bev�lkerung. Angesichts negativer Realzinsen investiert sie in "Real Estate", um ihr Verm�gen zu sichern. Anl�sslich einer Neuer�ffnung eines riesigen Wohnkomplexes im Mai 2009 gingen die Apartments - sehr zur �berraschung des Bauherren weg wie warme Semmeln.

Er kann sich direkt bei den Banken Hongkongs bedanken. Diese hatten im Gegensatz zu ihren Konkurrenten in Europa und den USA nur in geringem Umfang in toxische Derivate investiert und waren mehr oder weniger unbeschadet aus der Krise hervorgegangen. Bereits Anfang 2009 warfen sie wieder ihre Kreditmaschine an und versorgten die H�uslebauer gro�z�gig mit Hypotheken.