Asien Kurier  11/2009 vom 1. November 2009
Indien

Bauwirtschaft auf dem Weg aus der Talsohle

Im Infrastruktur und beim Siedlungsbau sind ausl�ndische Direktinvestitionen in H�he von 100 Prozent erlaubt

Von Boris Alex, Germany Trade & Invest in Indien

Der indische Bausektor hat sich nach einer sechsmonatigen Schw�chephase inzwischen wieder stabilisiert. Zuletzt verzeichnete die Branche ein Plus von 7 Prozent. Wachstumsmotor ist der Infrastrukturbau mit einem Investitionsbedarf von rund 450 Milliarden US$ bis 2012. Die Nachfrage nach gewerblichen Immobilien soll 2010 wieder anziehen. Beim Wohnungsbau setzen die Unternehmen verst�rkt auf das Niedrigpreissegment. Allein in den Ballungszentren fehlen hier rund 25 Millionen Wohneinheiten.

Marktentwicklung/-bedarf

Der Construction Industry Development Council (CIDC) h�lt an seiner Prognose fest, dass der Bausektor im laufenden F�nfjahresplan (2007 bis 2012) um durchschnittlich 10 Prozent per annum wachsen wird. Im Finanzjahr 2007/08 stiegen die Bauinvestitionen laut CIDC real um 12,1 Prozent auf 4.300 Milliarden Indische Rupien (61,5 Mrd. Euro, 1 Euro = 69,89 Rupien, 3-Monatsmittel). Damit legten sie st�rker zu als das Bruttoinlandsprodukt, das im gleichen Zeitraum um 9,0 Prozent wuchs.

Rund zwei Drittel der Bauinvestitionen t�tigt der �ffentliche Sektor. Allerdings nahmen die privaten Investitionen im Finanzjahr 2007/08 mit knapp 17 Prozent (1.400 Mrd. Rupien) st�rker zu als die staatlichen Ausgaben mit rund 10 Prozent (2.800 Mrd. Rupien). Der Bauverband geht davon aus, dass sich in den kommenden Jahren das Verh�ltnis weiter zugunsten des Privatsektors verschieben wird, da die indische Regierung insbesondere bei gro�en Infrastrukturvorhaben zunehmend auf Public Private Partnerships (PPP) setzt.

Im Finanzjahr 2007/08 entfielen mit 2.300 Milliarden. Rupien etwa die H�lfte aller Bauinvestitionen auf den Infrastruktursektor. Insgesamt sollen im laufenden F�nfjahresplan rund 450 Milliarden US$ in den Ausbau des Stra�en- und Schienennetzes, die Verbesserung der Energie- und Wasserversorgung sowie den Bau neuer See- und Flugh�fen flie�en.

Der Ausbau des Verkehrsnetzes genie�t bei der indischen Regierung absolute Priorit�t. Allein 2009/10 sind rund 17 Milliarden US$ f�r Stra�en, Br�cken und Tunnel vorgesehen. Das Investitionsvolumen f�r den Zeitraum 2007 bis 2012 beziffert das Ministry of Road Transport and Highways auf knapp 100 Milliarden US$. Dabei sollen die Projekte nun schneller vorankommen: Bis 2012 plant der Staat j�hrlich 7.000 km an vier- bis sechsspurigen Schnellstra�en fertigzustellen, statt wie bisher nur 3.500 km. Hinzu kommen rund 50.000 km an ein- und zweispurigen Landstra�en. Im laufenden Finanzjahr d�rften etwa 200 Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von 1.200 Milliarden Rupien ausgeschrieben werden.

Bis 2015 sollen rund 1.300 Milliarden Rupien in den Bau und Ausbau von indischen Flugh�fen flie�en. Die neuen internationalen Terminals in New Delhi und Mumbai d�rften 2010 und 2011 �ffnen. Zudem werden die Flugh�fen von Chennai und Kolkata f�r knapp 40 Milliarden Rupien erweitert. Dar�ber hinaus hat die indische Regierung den Bau von insgesamt zw�lf Greenfield-Airports - darunter in Navi Mumbai, Gwalior und Kannur - genehmigt. F�r weitere neun Neubauprojekte wurden Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben.

Mit dem Hafenbauprogramm will der Staat bis 2012 Modernisierungs- und Erweiterungsprojekte mit einem Volumen von rund 940 Milliarden Rupien umsetzen. Allein 2009/10 d�rften 23 Vorhaben als PPP ausgeschrieben werden. Allerdings liegen bisher erst f�r elf Vorhaben Machbarkeitsstudien vor. F�r diese sollen in den n�chsten Monaten laut dem Ministry of Shipping die internationalen Tender-Verfahren im Wert von insgesamt 130 Milliarden Rupien auf den Weg gebracht werden.

Zudem muss Indien seine Energieproduktion erheblich hochfahren und das veraltete �bertragungsnetz erneuern und ausbauen. Bis zum Ende des laufenden F�nfjahresplans soll mit Mitteln in H�he von 1.000 Milliarden Rupien die Erzeugungskapazit�t von heute 150 auf 220 GW erh�ht werden. Dar�ber hinaus wollen unabh�ngige Energieproduzenten bis 2012 eine Erzeugungsleistung von 100 GW aufbauen. Sie d�rften in den kommenden vier Jahren rund 4.000 Milliarden Rupien in den Bau vorwiegend thermischer Kraftwerke mit Leistungen zwischen 1 und 4 GW pumpen.

Der Wirtschaftsbau wird von expandierenden Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes vorangetrieben - insbesondere in der Kfz- und Zulieferindustrie, dem Chemie- und Maschinenbausektor sowie der Baustoffindustrie.

Nach Einsch�tzung der Immobilienfirma Cushman & Wakefield stagniert derzeit die Nachfrage nach B�roraum. F�r 2009 rechnet das Unternehmen mit einem landesweiten Bedarf von knapp 2,8 Millionen m2. Das ist weniger als die in diesem Jahr fertiggestellte Fl�che von voraussichtlich 4,2 Millionen m2. Ab 2010 soll sich die Nachfrage allerdings wieder erholen und dann mit j�hrlichen Raten von 19 Prozent wachsen. Den gr��ten Bedarf erwartet Cushman & Wakefield in Bangalore mit 3,2 Millionen m2 bis 2013, gefolgt von Chennai und Mumbai mit jeweils 2,4 Millionen m2.

Die Liberalisierung des indischen Einzelhandels d�rfte die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien weiter ankurbeln. Bis 2010 werden knapp 20 Millionen m2 zus�tzliche Verkaufsfl�che im organisierten Einzelhandel ben�tigt. Diese wird vor allem in Form von Super- und Hyperm�rkten entstehen. Beim Angebot von Einkaufzentren zeichnet sich allerdings eine S�ttigung ab. Urspr�nglich sollte sich die Anzahl der Malls bis 2010 von heute etwa 400 auf 500 erh�hen. Allerdings wurden 2008 nur knapp 0,92 Millionen m2 an Einzelhandelsfl�che in Einkaufszentren fertiggestellt und damit 54 Prozent weniger als erwartet.

Nach Angaben der Federation of Indian Chambers of Commerce and Industry (Ficci) m�ssen in den kommenden zehn bis 15 Jahren circa 80 bis 90 Millionen neue Wohneinheiten errichtet werden. Derzeit fehlen allein in den indischen Ballungsgebieten rund 25 Millionen Wohnungen, der Gro�teil davon im Niedrigpreissegment. Angesichts eines sinkenden Absatzes von Luxuswohnungen bauen auch die privaten Immobiliengesellschaften inzwischen verst�rkt Wohnungen f�r Kunden mit niedrigem Einkommen. Die Nachfrage nach Apartments mit Preisen zwischen 500.000 und 1 Million Rupien soll 2010 um rund 25 Prozent zulegen.

Auch die Umwandlung von Armenvierteln in Wohn- und Gesch�ftsgebiete d�rfte f�r eine weitere Belebung der Bauaktivit�ten sorgen. In Mumbai soll der zentral gelegene Stadtteil Dharavi - der mit gesch�tzten 600.000 Bewohnern gr��te Slum Asiens - Apartment- und B�roh�usern weichen. Indische und ausl�ndische Immobiliengesellschaften errichten immer �fter komplette Siedlungen, die Wohnraum f�r mehrere 10.000 Menschen bieten und �ber eigene Wasser- und Stromversorgung, Krankenh�user, Schulen sowie andere �ffentliche Einrichtungen verf�gen. Die Investitionen in die Siedlungsprojekte belaufen sich bis 2012 auf ungef�hr 5.000 Milliarden Rupien.

Produktion/Branchenstruktur

Die gesamten Bauinvestitionen beliefen sich nach CIDC-Angaben im Finanzjahr 2007/08 auf rund 4.300 Milliarden Rupien (+12%). Im organisierten Sektor gibt es circa 26.000 Firmen, von denen 250 mehr als 500 Mitarbeiter haben. Der nichtorganisierten Baubranche geh�ren ungef�hr 120.000 Klein- und Kleinstunternehmen an. Der Verband sch�tzt die Anzahl der Besch�ftigten f�r 2007/08 auf rund 33 Millionen Menschen, von denen allerdings nur rund ein F�nftel ausgebildet ist. Der Maschinisierungsgrad in der indischen Bauindustrie betr�gt gerade einmal 20 Prozent.

Die indischen Baufirmen haben eine Markt beherrschende Stellung. Doch auch zahlreiche ausl�ndische Branchenunternehmen sind bereits im Land aktiv. Zu den gr��ten z�hlen Bechtel Corp. (USA), Daelim Industries, LG Engineering (S�dkorea) sowie JCG Corp., Toyo Engineering und Mitsui (Japan). Deutsche Gesellschaften sind meist als Consultants (Lahmeyer International, Dorsch Consult) t�tig.

Gesch�ftspraxis

Im Infrastrukturbau sowie beim Siedlungsbau sind ausl�ndische Direktinvestitionen in H�he von 100 Prozent erlaubt. Die Beteiligungen werden auf dem Wege der "Automatic Route" genehmigt, das hei�t innerhalb von 30 Tagen nach dem Transfer muss die Reserve Bank of India (RBI) benachrichtigt werden. Alle Beh�rden und Staatsbetriebe sind verpflichtet, Ausschreibungen im "Indian Trade Journal" sowie auf ihren Homepages bekannt zu geben.

Ausl�ndische Unternehmen bem�ngeln, dass das Ausschreibungsverfahren in Indien oft langwierig und intransparent ist. Bei gro�en Infrastrukturprojekten kann sich der Prozess �ber Jahre hinziehen. Nicht selten werden technische Anforderungen nachtr�glich ge�ndert. Hinzu kommt, dass die Vorschriften regional verschieden sind.

Kontakte zu potentiellen Gesch�ftspartnern und Projekttr�gern im Infrastruktursektor lassen sich auf den Konferenzen der Branchenverb�nde kn�pfen. Zudem gibt es eine Reihe von Fachmessen.

Adressen

Ministry of Urban Development
Nirman Bhawan
Maulana Azad Road
New Delhi 110 001
Tel.: 91 11 2306 3495
Web: www.urbanindia.nic.in

Central Public Works Department
101-A, Nirman Bhavan
New Delhi 110 001
Tel.: 91 11 2306 2556
Fax: 91 11 2306 1884
Web: www.cpwd.nic.in

Builders Association of India
G-1/G-20 Commerce Center
J. Dadajee Road, Tardeo
Mumbai 400 034
Tel.: 91 22 2351 4134
Fax: 91 22 2352 0507
Email: [email protected]
Web: www.bainet.org

Construction Federation of India
12-A Vandhna Building
11 Tolstoy Marg
New Delhi 110 001
Tel.: 91 11 2331 2922
Fax: 91 11 4152 2892
Email: [email protected]
Web: www.confedindia.com

Confederation of Indian Industry
CII Mantosh Sondhi Centre
23 Institutional Area, Lodhi Road
New Delhi 110 003
Tel.: 91 11 2462 9994
Fax: 91 11 2462 6149
Email: [email protected]
Web: www.ciionline.org