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Für Koreaner ist der Gebrauch von Siegeln anstatt der eigenhändigen Unterschrift eine ganz natürliche Sache, während solch ein Siegelgebrauch für Deutsche in der Regel unbekannt, und auch nach Kenntnisnahme oft gewöhnungsbedürftig ist. Die meisten Koreaner besitzen ein persönliches Siegel mit ihrem Namen, welches quasi ihre Unterschrift darstellt.
Damit ein privates Siegel tatsächlich und rechtlich diese Funktion erfüllen kann, ist es zur Beweissicherung bei einer lokalen Behörde (Dong-Office) registriert. Diese lokale Behörde gibt nun an den berechtigten Siegelinhaber sogenannte Siegelabdruckzertifikate heraus. Dieses Zertifikat ist eine Bestätigung der Behörde über die Echtheit des Siegels, damit im Rechtsverkehr sowohl Siegel als auch Siegelinhaber einfach zu identifizieren sind. Neben den persönliche Namens-, Adress- und ID- Nummerdaten des Siegelinhabers wird auf dem Zertifikat ein Siegelabdruck abgebildet. Das Siegelabdruckzertifikat kann nur, sieht man von formvollendeten Vollmachten mal ab, vom Siegelinhaber persönlich unter Vorlage eines koreanischen Lichtbildausweises erlangt werden.
Der Gebrauch des Siegels ersetzt in Korea die Unterschrift unter Dokumente, das zusätzliche Hinzufügen des Siegelabdruckzertifikats ist vergleichbar der notariellen Beglaubigung der Unterschrift durch einen Notar in Deutschland. Soweit so gut. Was geht das aber einen deutschen Entsandten an, der für seine Firma einige Jahre in Korea arbeitet? Ich glaube sehr viel. Nachfolgend drei Bespiele.
Umgang mit dem Rechtsverkehr
Sich mit dem Siegelwesen auszukennen ist vorteilhaft wenn man im koreanischen Rechtsverkehr einen schriftlichen Vertrag schließt, um beispielsweise dessen Existenz und Inhalt später zu beweisen. Siegelt der koreanische Vertragspartner einen Vertrag nach koreanischer Sitte (dazu unten mehr), und fügt er ein Siegelabdruckzertifikat bei, welches am Tage des Vertragsschlusses nicht älter als drei Monate ist (siehe Ausgabedatum der Behörde), dann ist der Vertrag nicht nur geschlossen, sondern in einer Form geschlossen, die der notariellen Beglaubigung der Unterschrift in Deutschland vergleichbar ist. Späteren Einwendungen des Vertragspartners, dass es sich bei dem Siegel auf dem Vertrag nicht um sein Siegel handelt oder er diesen Vertrag nicht persönlich gesiegelt habe, sind damit effektiv begegnet.
Noch ein Wort zur "koreanischen Sitte des Siegelns": Bei einem mehrseitigen Vertrag wird nicht nur am Ende des Vertrages ein Siegelabdruck (Gan-In) gestempelt, sondern auf der Rückseite der Seite 1 und von der Seite 2 bis zur Letzten, werden die Seiten so geknickt, dass der Siegelabdruck auf allen Seiten des Vertrags ungefähr zur Hälfte zu sehen ist. Falls Ihnen das Verfahren jetzt trotzdem nicht klar vor Augen ist, fragen Sie einfach einen koreanischen Freund wie er ein Dokument siegeln würde.
Die Möglichkeit ein eigenes Siegel zu führen
Ein mit gültigem Visum in Korea wohnender Ausländer kann ein Siegel führen und bei der für seinen Wohnort zuständigen Bezirksbehörde (Gu-Office) registrieren lassen. Dieses Siegel hat dann für den Ausländer dieselbe Funktion wie das registrierte Siegel für einen Koreaner. Die Bezirksbehörde stellt entsprechend die Siegelabdruckzertifikate aus.
Falls man länger in Korea bleibt, kann es durchaus von Vorteil sein, bzw. der Bequemlichkeit dienen, ein registriertes Siegel zu führen. Für Koreaner sind Siegel selbstverständlich und viele offizielle Dokumente für Banken, Versicherungen oder Behörden sind damit erst oder einfacher handhabbar. Ebenso können eventuelle Notartermine entfallen, zumindest für koreanische Dokumente in Korea. Zugegebenermaßen muss man allerdings immer wieder einmal zu seiner Bezirksbehörde gehen, da die Siegelabdruckzertifikate nur drei Monate gültig sind.
Die Pflicht ein Siegel führen
Auch für Ausländer in der Position eines Geschäftsführers, Vorstands einer GmbH oder Aktiengesellschaft (Representative Director), ist es gesetzliche Pflicht ein Siegel zu führen Gemäß dem koreanischen Handelsgesetzbuch führt er ein Siegel, sofern er die Gesellschaft nach außen vertreten darf. Der Siegelabdruck zeigt in der Regel den Namen der Gesellschaft und den Namen des Geschäftsführers oder dessen Position als Geschäftsführer. Der Siegelabdruck wird bei der Eintragung des Geschäftsführers ins Handelsregister bei Gericht hinterlegt. Dort erhält der Geschäftsführer eine Firmensiegelkarte (Company Seal Card) mit einer sechsstelligen PIN (nur mit arabische Zahlen). Diese sieht wie eine Kreditkarte aus mit einem Magnetstreifen auf der Rückseite.
Vergleichbar dem persönlichen Siegel, gilt auch beim Geschäftsführersiegel - rechtlich gesehen -, jedes gesiegelte Dokument ebenso wie ein persönlich unterschriebenes. Fügt man jetzt solch einem gesiegelten Dokument noch ein vom Handelsregister herausgegebenes Siegelabdruckzertifikat bei, so ist das Dokument quasi unterschrieben und notariell beglaubigt. Die Gesellschaft ist durch den Geschäftsführer damit entsprechend berechtigt und/oder verpflichtet und gebunden.
So weit so theoretisch. Ganz praktisch haben die Verfasser es immer wieder erlebt, dass ausländische Geschäftsführer einer koreanischen Gesellschaft aus Unkenntnis das Siegel bequem bei ihrer Sekretärin ablegen, einschließlich der Firmensiegelkarte und der dazugehörigen PIN. Diese legt das Siegel dann in die oberste Schublade ihres Schreibtisches, um es gut erreichbar zu haben. Solch eine Sekretärin hat erfahrungsgemäß oft auch die Siegelabdruckzertifikate im selben unverschlossenen Schreibtisch.
Dieses Vorgehen ist äußerst bedenklich. Man braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, dass damit Missbrauch Tür und Tor geöffnet sind. Bei einem Streit vor Gericht, wird der Richter ein gesiegeltes und mit einem Siegelabdruckzertifikat versehenes Dokument grundsätzlich erst einmal als Original anerkennen, denn es gehört zu den fundamentalsten Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers das Geschäftsführersiegel, die dazugehörige Firmensiegelkarte und den PIN immer sorgfältig zu verwahren, bzw. geheim zu halten, um diese vor dem unberechtigten Zugriff Dritter effektiv zu schützen. Die Situation ist vergleichbar mit dem Gebrauch von Blankoschecks in Deutschland. Die Gesellschaft hat unter Umständen den Schaden und wird sich dann überlegen Ersatz von dem handelenden Angestellten oder dem leichtsinnigen Geschäftsführer zu erlangen.
Es bleibt also festzuhalten, dass durch leichtsinnige Umgangsweise mit dem Geschäftsführersiegel der Geschäftsführer ohne Not zumindest finanzielle und persönliche Risiken (z.B. Schadensersatzforderung des Arbeitgebers und/oder Kündigung) in Kauf nimmt.
Was tun?
Das Geschäftsführersiegel und die Firmensiegelkarte sollten immer vom Geschäftsführer persönlich verwahrt werden und keinem Dritten zugänglich gemacht werden. Die Aufbewahrung sollte in einem geeigneten Safe erfolgen. Die PIN der Firmensiegelkarte ist vertraulich zu behandeln und gegebenenfalls nach Bekanntgabe an einen Mitarbeiter immer wieder zu ändern. Es liegt im ureigensten Interesse des Geschäftsführers die Siegelabdruckzertifikate bei Gericht selbst, gegebenenfalls mit der Hilfe eines koreanischen Mitarbeiters, zu beantragen und selbst entgegenzunehmen, bzw. sich am Automaten ausdrucken zu lassen.