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Asien Kurier  1/2011 vom 1. Januar 2011
Malaysia

Drehscheibe im islamischen Finanzwesen

Scharia-konforme Geschäfte aind weltweit im Kommen; eine beite Auswahl an Produkten gibt es auch für Nicht-Moslems.

Von Germany Trade & Invest

Malaysia hat sich als ein Zentrum des islamischen Finanzwesens in der südostasiatischen Region und etabliert, das weltweit an Bedeutung gewinnt. Die Stabilität und die weitere Expansion des gesamten lokalen Finanzsystems beruhen unter anderem auf dem islamischen Finanzsektor. Auch nicht-moslemischen Teilnehmern steht das weite Feld an neuen Finanzprodukten offen, nicht zuletzt auch für die Abwicklung von Transaktionen im Außenhandel.

Die Bank Islam Malaysia in Kuala Lumpur wurde bereits 1983 gegründet.
Foto: Ralph Rieth

Malaysia hat frühzeitig die Chancen des islamischen Finanzwesens (IF) erkannt und hierbei bereits eine führende Stellung erreicht. Als gesetzliche Grundlage verabschiedete die Regierung bereits 1983 den "Islamic Banking Act". Im selben Jahr wurde die erste IF-Bank des Landes, die Bank Islam Malaysia, gegründet. Nach den Grundsätzen des "Islamic Finance" arbeiten in Malaysia inzwischen 17 Banken; darunter erteilte die Zentralbank sechs ausländischen Banken eine Islamic Banking Lizence.

1984 ebnete das Land auch dem Versicherungsbereich den Weg und erließ den "Takaful Act" (islamisches Versicherungsgesetz). Beide Gesetze legten den Grundstein für ein umfangreiches Netz an Regelungen und Orientierungen, die eine scharia-konforme Geschäftsbasis gewährleisten und gleichzeitig das Vertrauen der Öffentlichkeit in das IF-System herstellen.

Zusätzlich wurde 1989 der "Banking and Financial Institutions Act" geändert, damit auch konventionelle Banken über eine gesonderte Konstruktion ("islamic banking window") IF-konforme Produkte und Dienstleistungen erbringen können. Für islamische Finanzinstrumente und Transaktionen wurden darüber hinaus im Jahr 2001 steuerliche Vergünstigungen eingeführt, die bestimmten Segmenten des "Islamic Finance" Vorteile gegenüber dem konventionellen Finanzdienstleistungsgeschäft verschaffen. So gibt es eine bis 2016 befristete Steuerbefreiung für islamisch orientiertes Fondsmanagement. Grundsätzlich wird jedoch auf eine Steuerneutralität zwischen dem konventionellen und dem IF-Sektor geachtet.

Ob sich malaysische Moslems verpflichtet fühlen, Finanzgeschäfte nur mit IF-Banken durchzuführen, hängt von der eigenen Glaubensauslegung und der jeweiligen Rechtsschule ab, der sie sich zugehörig fühlen. Auch Nicht-Moslems können bei islamischen Banken Konten eröffnen oder IF-konforme Produkte nutzen, sofern sie in Übereinstimmung mit dem islamischen Recht agieren.

Weil das islamische Finanzsystem parallel zum konventionellen Banken- und Finanzsystem existiert, sind daher beide Bereiche nutzbar. So erfolgt bei Exporten nach Malaysia die Abwicklung des Zahlungsverkehrs über islamische Banken problemlos, wenn das zugrundeliegende Geschäft scharia-konform erscheint. Für nicht scharia-konforme Geschäfte dürfen IF-Banken in Malaysia aber keine Kredite oder Garantien erteilen.

Das islamische Finanzwesen ruht auf fünf "Säulen". So gelten ein Zinsverbot und ein Verbot von Spekulationen. Bestimmte Bereiche werden nicht finanziert (zum Beispiel Waffen, Alkohol, Glücksspiel, Schweinefleisch). Gewinne und Verluste, also Chancen und Risiken, müssen zwischen den Vertragsparteien gerecht aufgeteilt werden. Schließlich sind finanzielle Transaktionen durch realwirtschaftliche Aktivitäten zu unterlegen. Außerdem verbietet ein Verhaltenskodex Betrug, Preismanipulationen, Unehrlichkeit, Fälschung und Bestechung. Derivate und Leerverkäufe sind grundsätzlich untersagt. Neuartige Finanzprodukte lassen sich jedoch häufig IF-konform nachbilden.

Ein allgemeines Problem stellen die unterschiedlichen Auslegungen eines islamkonformen Finanzwesens dar. Malaysia verfügt seit über 20 Jahren über einen nationalen Scharia-Rat (Shariah Advisory Council, SAC). Als höchstrangige Institution sind die Interpretationen des SAC für Gerichte verbindlich, was zu Beständigkeit, Vereinheitlichung und somit zu mehr Rechtssicherheit im Bereich des "Islamic Finance" führt und als weiterer Standortvorteil gilt.

Nach Angaben der Zentralbank (Bank Negara Malaysia, BNM) beläuft sich das weltweite Volumen IF-konformer Aktiva 2010 auf mehr als 1.000 Milliarde US$. Auf IF-konforme Anlagen entfallen somit ungefähr 1 Prozent des gesamten Finanzvermögens. Die Tendenz ist steigend, denn der IF-Sektor wächst jährlich um 15 bis 20 Prozent.

Malaysia spielt dabei als internationaler IF-Finanzplatz eine immer größere Rolle. Gemessen an den weltweiten Anteilen bei IF-Bankaktiva lag es nach dem Iran (Anteil 38%) und Saudi-Arabien (16%) zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (jeweils 10%) auf dem dritten Platz. Diese Rangliste spiegelt den Umstand wider, dass sich die Bilanzvolumina der IF-Banken in den jeweiligen Ländern stark unterscheiden. Gemessen an den gehaltenen Aktiva ist die in Saudi-Arabien ansässige Al Rajhi-Bank die größte IF-Bank der Welt, die malaysische Maybank Islamic hat etwa ein Fünftel dieser Größe.

Im malaysischen Finanzsektor beträgt der Anteil IF-gerechter Finanzaktiva an den gesamten Aktiva laut Notenbank circa 21 Prozent, im Jahr 2000 waren es erst 7 Prozent. Der IF-Sektor wächst in dem aufstrebenden lokalen Finanzmarkt sowohl in absoluten Größen kräftig als auch relativ gegenüber dem konventionellen Sektor.

Die Bedeutung Malaysias lässt sich ebenfalls an anderen Faktoren ablesen. So wurde im Jahr 2009 mehr als die Hälfte aller IF-konformen Anleihen (sogenannte "Sukuk") in Malaysia aufgelegt. Im IF-Fondsmanagement erreichte es 2009 ebenfalls Platz eins und im islamischen Versicherungswesen, dem sogenannten "Takaful-Geschäft", liegt das Land auf Rang zwei nach dem Iran. Die Auswahl an islamischen Finanzprodukten, wie islamische Real Estate Investment Trusts und Exchange Traded Funds, bezeichnen Experten als die größte weltweit.

An der Börse notieren darüber hinaus IF-konforme Aktien sowie Anleihen. Laut Wertpapieraufsichtsbehörde machen scharia-konforme Aktien 88 Prozent aller an der Börse in Kuala Lumpur gelisteten Papiere aus; gemessen an der Marktkapitalisierung beträgt ihr Anteil etwa 64 Prozent. Die Entwicklung der IF-konformen Anteilsrechte wird über eigene Indizes abgebildet, die neben dem Leitindex KLCI berechnet werden.

Die Förderung der Branche wurde 2006 um eine weitere Institution bereichert. Das Malaysia International Islamic Financial Center (MIFC) ist ein Netzwerk, dem diverse Ministerien, Regierungsbehörden sowie Finanzinstitute angehören, die auf diesem Gebiet tätig sind. Die Gouverneurin der Zentralbank sitzt dem MIFC-Lenkungsgremium (Executive Committee) vor. Ziel des MIFC ist, Malaysia über verschiedene Initiativen zur internationalen IF-Drehscheibe im Bereich der "Sukuk"-Emissionen, des Fonds- und Vermögensmanagements, des Islamic Banking, des "Takaful"-Geschäfts und im Bereich der Humankapitalentwicklung auszubauen.

In Kuala Lumpur werden zudem internationale Standards des islamischen Finanzwesens gesetzt. Der Islamic Financial Services Board (IFSB), der 2002 entstand, umfasst 52 Regulierungs- und Aufsichtsbehörden aus zahlreichen islamischen Ländern. Er versteht sich als komplementäre Institution zum Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. Gemeinsam mit der Islamischen Entwicklungsbank (Islamic Development Bank, IDB) rief das IFSB im Oktober 2008 eine "Task Force on Islamic Finance and Global Financial Stability" ins Leben.

Die Regierung in Kuala Lumpur baut nicht nur die IF-Standortvorteile aus, sie nutzt auch den IF-Kapitalmarkt regelmäßig. Die erste staatliche "Sukuk"-Emission mit einem Volumen von umgerechnet 600 Millionen US$ fand 2002 statt, im Juni 2010 wurde ein "Sukuk" im Umfang von 1,25 Milliarden US$ begeben.

Die Finanzkrise der westlichen Welt hat das malaysische Finanzsystem nur am Rande getroffen. Die lokalen Finanzmarktteilnehmer gingen keine großen Risikopositionen im Ausland, zum Beispiel auf dem US-Immobilienmarkt ein, investierten kaum in die sogenannten "strukturierten" Finanzprodukte und agierten auch nicht in größerem Umfang als Sicherungsgeber in Kreditausfall-Swaps. Das IF trägt damit auch zur Stabilität des Finanzsystems bei, meinen Fachleute und Zentralbank. Die BNM verweist darauf, dass die Grundprinzipien "stabilitätsfördernd" seien und die Widerstandsfähigkeit des Finanzplatzes stärkten.

Zu diesem Thema
Asien Kurier, Juni 2008, Islamic Banking - Besser als der Vatikan





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