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Asien Kurier Vietnam-Special vom 13. November 2007
Buchbesprechung

Eva T. Alshut, Alexander Thomas: "Beruflich in Vietnam"

Trainingsprogramm f�r Manager, Fach- und Führungskräfte

Von Daniel Müller in Berlin

Beim gelegentlich mit harten Bandagen ausgetragenen Wettlauf um Absatzmärkte und Produktionsstandorte in Asien besitzt die deutsche Wirtschaft im Fall von Vietnam zweifelsohne einen veritablen strategischen Vorteil. Denn große Teile der ökonomischen und administrativen Eliten des Landes haben ihr Studium - als Folge des Kalten Krieges - in Deutschland, genauer: in Ost-Berlin, Leipzig oder in Karl-Marx-Stadt absolviert.

Daraus ergibt sich eine gewisse, aus persönlichen Erfahrungen gespeiste Affinität zu teutonischen Verhaltensweisen. Allerdings entbindet diese nützliche historische Fügung deutsche Investoren keineswegs davon, sich hinreichende Handlungskompetenzen für den Umgang mit vietnamesischen Geschäftspartnern zuzulegen.

Beim Versuch, die in entsprechenden "Vorbereitungs-Seminaren" mühsam angeeigneten Kenntnisse in praxi anzuwenden, zeigt sich jedoch oft, welch begrenzten Wert dergleichen "Trockenübungen" besitzen. Es sei denn, es handelt sich dabei um ein innovatives, ausgeklügeltes und auf dem neuesten Stand der Wissenschaft stehendes Trainingsprogramm. Die von Alexander Thomas, einem emeritierten Psychologie-Professor, herausgegebene Reihe "Handlungskompetenz im Ausland" verfolgt einen ebensolchen Ansatz. Ausgehend von den jeweiligen kulturellen Spezifika sollen Fach- und Führungskräfte für die Werte, Normen und Verhaltensweisen ihrer Einsatzgebiete sensibilisiert werden.

Nun werden kulturelle Fragen gern als Domäne für etwas weltfremde Zeitgenossen mit Helferkomplex angesehen. Zu Unrecht, denn Kultur als Orientierungssystem fungiert nach Ansicht der Autoren nicht nur als Richtschnur für eigenes Handeln, sondern bildet auch den Maßstab für die Verhaltensbeurteilung anderer. Kommt es hier zu anhaltenden Divergenzen, sind Ärger, Frustrationen und im schlechtesten Fall der Abbruch der (Geschäfts-)Beziehung die nahezu zwangsläufigen Folgen. Eben um einen solchen Werte-Clash zu vermeiden, ist es unerlässlich, sich der landesbezogenen kulturellen Eigenheiten gewahr zu werden.

Bei "Beruflich in Vietnam" handelt es sich um einen sogenannten Culture Assimilator, bei dem sich der Leser im Selbsttraining Wissen über in Vietnam als verbindlich angesehene Verhaltensweisen aneignen kann. Das Programm ist in acht Abschnitte untergliedert, wobei jeder Abschnitt einem Kulturstandard gewidmet ist. In zwei bis drei kritischen Begegnungssituationen zwischen Deutschen und Vietnamesen werden diese Standards exemplifiziert. Nachdem verschiedene Erklärungsangebote angeführt werden und der Leser sich auf einer Skala verorten muss, folgt dann die mit näheren Erklärungen versehene Auflösung. Am Ende jedes Abschnitts steht schließlich ein Exkurs über das behandelte kulturelle Phänomen.

Durch die Bearbeitung der aufeinander aufbauenden Fallbeispiele wird der Leser in den Stand versetzt, verschiedene Situationen aus einer vietnamesischen Perspektive beurteilen zu können. So muss es sich etwa bei einem verzögerten Eingang von Zustandsberichten aus verschiedenen Abteilungen nicht notwendigerweise um böswillige Sabotage handeln, sondern es ist möglich, dass der Standard Gruppenorientierung dazu führt, dass die einzelnen Abteilungen sich abstimmen wollen, um nichts Unvorteilhaftes über ihre Kollegen sagen zu müssen. Oder es kann vorkommen, dass einem Vorgesetzten von seiner Sekretärin Kopierbögen regelrecht entrissen werden, da dieser dem peinlichst befolgten Hierarchiesystem zuwiderhandelt. Knapp, zackig und durchaus witzig, hilft das Trainingsprogramm derartige Fauxpas´ sicher zu umschiffen.

Eva T. Alshut, Alexander Thomas: "Beruflich in Vietnam" - Trainingsprogramm für Manager, Fach- und Führungskräfte. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-49113-3, 148 Seiten, 24,90 Euro

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