Asien Kurier  12/2009 vom 1. Dezember 2009
Vietnam

Biotechnologie mit hohem Zukunftspotential

Praxisbezug fehlt bislang. Die Kooperationen mit Unternehmen k�nnten Abhilfe schaffen.

Von Dr. Stefanie Schmitt, Germany Trade & Invest in Vietnam

Mit dem Begriff Biotechnologie sind in Vietnam gro�e Erwartungen verkn�pft. In der Tat bieten sich vielf�ltige Anwendungsm�glichkeiten. Dies gilt besonders f�r die Agrarwirtschaft einschlie�lich Aquakulturen sowie eng damit gekoppelt f�r die Nahrungsmittelverarbeitung. Hinzu kommt der Umweltsektor mit Wasseraufbereitung und Abwasserreinigung sowie M�llbehandlung. Chancen werden dar�ber hinaus im Pharmasektor gesehen.

Biotechnologie stand bislang, anders als beispielsweise der Schiffbau, nicht ganz oben auf der Agenda der vietnamesischen Regierung. In Zukunft k�nnte sich das �ndern, denn das Potential ist gro�. Die Zahl der Universit�ten, Institute, Labore und sonstige Einrichtungen, die sich mit Biotechnologie befassen, soll sich derzeit auf �ber 200 belaufen. National f�hrend ist das Institute of Biotechnology (IBT) unter der Vietnam Academy of Science and Technology (VAST) am Ministry of Science and Technology (MOST). Die wichtigsten Forschungsbereiche sind Pflanzen- und Tierzucht, Molekularforschung und Genetik, Mikrobiologie und Biochemie (speziell Enzymologie). Neu hinzukommen werden k�nftig Umwelt und auf ausdr�cklichen Regierungswunsch Meeresbiologie.

Die Besch�ftigung mit der Thematik begann bereits sehr zaghaft in den 80er-Jahren. Seit den 90er-Jahren wurden die F�rderma�nahmen jedoch erheblich ausgebaut. Zahlreiche Studenten und Wissenschaftler gingen, nicht zuletzt mit internationaler und auch mit deutscher Hilfe, zur Ausbildung ins Ausland. Die ersten Absolventen sind bereits zur�ckgekehrt, weitere werden folgen.

Grunds�tzlich sind die so genannten Schl�ssellaboratorien landesweit am besten mit Personal und Ausr�stung ausgestattet. In der Biotechnologie gibt es f�nf, darunter neben dem IBT das ebenfalls der VAST zugeordnete Institute of Tropical Biology (ITB), das Institute of Microbiology and Biotechnology (IMBT) unter der National University Hanoi sowie unter dem Ministry of Agriculture and Rural Development (MARD) das National Institute of Animal Husbandry mit dem Lab of Animal Cell Technology und die Vietnam Academy of Agricultural Science mit dem Agricultural Genetics Institute.

Nach MOST-Informationen wurden jeweils zwischen 5 und 7 Millionen US$ in Ausr�stungen gesteckt. Die n�chste Gro�investition des IMBT von rund 5 Millionen US$ steht im Rahmen des geplanten Umzugs der National University Hanoi auf ihren neuen Campus an. Dar�ber hinaus werden zwei weitere Schl�ssellabore diskutiert, eines in Hanoi f�r die Entwicklung von Impfstoffen und eines f�r Gentechnik in Ho Chi Minh City. Zwar l�sst sich die Situation bei Weitem noch nicht mit Laboren in Japan oder Taiwan vergleichen, so der Direktor des IMBT, dennoch k�nnten sich die Fortschritte der letzten Jahre sehen lassen. Trotz aller Bem�hungen steckt die �bertragung der Forschungserkenntnisse auf die Praxis allerdings noch in den Kinderschuhen. "Forschung haben wir genug", so Dr. Sat, Vizedirektor des Department of Science and Technology am MOST. Vor Ort t�tige deutsche Wissenschaftler best�tigen, der gr��te Knackpunkt sei gegenw�rtig "der Sprung in die Anwendung". Deutschen Biotechnologie-Firmen bieten sich hierbei durchaus Gesch�ftschancen. Allerdings ist es empfehlenswert, sich einen starken Partner zu suchen. Infrage kommen entweder das MOST beziehungsweise zugeh�rige Einheiten oder eines der staatlichen Industriekonglomerate. Eine private heimische Biotechnologiebranche gibt es bislang nur in sehr rudiment�ren Ans�tzen. Dabei stehen die Verantwortlichen Kooperationen mit ausl�ndischen Investoren sehr positiv gegen�ber und erhoffen sich hiervon insbesondere einen Know-how-Transfer.

F�r alle staatlichen Biotechnologie-Projekte hat das MOST die Federf�hrung. Ihm obliegen Zustimmung und Mittelvergabe. Mit der Ausf�hrung sind die jeweils zust�ndigen Ministerien betraut. Auch wenn die Budgetplanungen im Einzelnen noch nicht feststehen, wird die Regierung laut MOST f�r die Vorhaben bis 2015 je Programm bis zu 300 Milliarden Dong zur Verf�gung stellen. Dabei geht das Ministerium davon aus, dass diese Mittel aufgrund interner Planungsschw�chen und komplizierter Genehmigungsverfahren allenfalls zur H�lfte abgerufen werden.

F�r die n�chsten f�nf Jahre sollte der Schwerpunkt grunds�tzlich auf den Segmenten Chemie und Pharma sowie Nahrungsmittelverarbeitung liegen. Aktuell gibt es zwei Projekte aus diesen Bereichen, f�r die das Ministry of Industry and Trade zust�ndig ist. Besonderes Interesse besteht an der Herstellung von Enzymen und Proteinen f�r industrielle Anwendungen wie Reinigungs- oder F�rbemittel. F�r zwei Programme in den Segmenten Seafood und Agrarwirtschaft zeichnet das Ministry of Agriculture and Rural Development (MARD) verantwortlich. Ein weiteres zum Thema Biotechnologie im Gesundheitswesen wird gerade im Ministry of Health (MoH) ausgearbeitet. Grunds�tzlich soll eine Verlagerung von der Forschung hin zur Anwendung stattfinden.

In der Land- und Forstwirtschaft geht es dabei in erster Linie um bessere Ergebnisse beim Anbau von Reis, Mais oder Cassava. Zudem soll die Schweine- und Rinderzucht sowie die Anzucht von Setzlingen beispielsweise in salzhaltigen oder auf stark erodierten B�den verbessert werden. Des Weiteren wird zuk�nftig die Shrimps- und Fischzucht unterst�tzt. Biotechnische Methoden sollen ferner zu weniger Lagerverlusten verhelfen. Wichtige Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet sind das dem VAST angegliederte Institute of Tropical Biology sowie das Agricultural Genetics Institute in Hanoi und das Cuu Long Delta Rice Research Institute in Can Tho. Letztere sind dem MARD unterstellt. Mit biotechnischen Methoden in der Nahrungsmittelverarbeitung befassen sich neben der VAST das genannte FIRI und das Vietnam Institute of Agricultural Engineering and Post-Harvest Technology (VIAEP) am MARD.

Ein vielversprechendes Pilotvorhaben zur Anwendbarkeit pflanzenbasierter Methoden f�r Umweltma�nahmen im Steinkohlenbergbau nimmt derzeit die Vietnam National Coal-Mineral Industries Group (Vinacomin) in Angriff. Konkret geht es um den Einsatz einer passiven biologischen Wasserreinigungsanlage zur Behandlung saurer Bergbauw�sser. Die Anlage wird seit November 2009 in der Provinz Quang Ninh getestet und kann 4,4 m3 pro Stunde kl�ren. Gef�rdert wird das Projekt im Rahmen der deutsch-vietnamesischen Forschungskooperation "Bergbau und Umwelt in Vietnam" zwischen dem Bundesministerium f�r Bildung und Forschung (BMBF) und dem MOST. Dabei wird auch die Begr�nung von Abraumhalden untersucht.

Die Forschungsarbeiten laufen noch bis Ende 2010. Sie werden gemeinsam vom Helmholtz-Zentrum f�r Umweltforschung GmbH (UFZ) und der Leipziger BioPlanta GmbH durchgef�hrt. Bei Erfolg erhofft sich BioPlanta gr��ere Folgeauftr�ge durch Vinacomin. Ein anderes BMBF-Verbundprojekt mit der Universit�t Dresden besch�ftigt sich mit der Reinigung des im Herzen Hanois gelegenen Hoan-Kiem-Sees.

Insgesamt stehen f�r Umweltforschungsprojekte in Vietnam �ber mehrere Jahre verteilt rund 30 Millionen Euro f�r Projektplanungen und Anlagen zur Verf�gung. Hiervon profitieren auch deutsche Anbieter, zum Beispiel wurden j�ngst deutsche Wassermessger�te im Wert von 90.000 Euro angeschafft. Dar�ber hinaus befassen sich mit Umwelt die VAST, die Hanoi University of Agriculture und das Institute of Biology in Dalat.

In der Medizin werden unter anderem m�glichst preiswerte Diagnosemethoden (Diagnose-Kits) sowie Impfstoffe f�r die zahlreichen Infektionskrankheiten im Land gesucht. Hierzu z�hlen neben Durchfallerkrankungen aufgrund verseuchten Trinkwassers traditionell klimatisch bedingte Krankheiten wie die Japanische Enzephalitis, Malaria oder das Dengue-Fieber, aber auch neue Krankheitsbilder wie Aids, Vogel- oder Schweinegrippe. Die wichtigsten Forschungseinrichtungen sind am VAST angesiedelt sowie an der Hanoi Medical University, der National University Hanoi und der University of Natural Sciences in Ho Chi Minh City. Mit der Forschung nach Vakzinen befasst sich dar�ber hinaus das Pasteur-Institut.

Adressen

Ministry of Science and Technoloy (MOST)
Ansprechpartner: Dr. Le Minh Sat, Vice Director, Department of Science and Technology
39 Tran Hung Dao
Hanoi
Tel.: 84 4 3943 9663
Fax: 84 4 3943 9733
Email: [email protected]
Web: www.most.gov.vn

Vietnamese-German Scientific and Technological Cooperation
Office for Water and Environmental Technologyv 3. Floor, 25 Le Thanh Tong Street
Hanoi
Tel.: 84 4 3933 5124
Fax: 84 4 3933 5124
Email: [email protected]
Web: www.wet-office.com

Vietnam Academy of Science and Technolgy (VAST)
Institute of Biotechnology (IBT)
Kontaktperson: Prof. Dr. Truong Nam HAI (spricht Englisch), Director, Head Genetic Engineering Lab
18 Hoang Quoc Viet Road
Hanoi
Tel. / Fax: 84 4 3756 2790
Email: [email protected]
Web: www.ibt.ac.vn

Vietnam Academy of Science & Technology in Southern Vietnam (VAST)
Institute of Tropical Biology (ITB)
So 1 Mac Dinh Chi
Ho Chi Minh City
Tel.: 84 8 3824 1401
Fax.: 84 8 3824 1346
Email: [email protected]
Web: www.itb.ac.vn

Vietnam National University Hanoi
Institute of Microbiology and Biotechnology (IMBT)
Kontaktperson: Dr. Duong Van HOP, Director (spricht Englisch)
E2 Building, 144 Xuan Thuy Road
Hanoi
Tel.: 84 4 3754 7695
Fax: 84 4 3754 7407
Email: [email protected]
Web: www.biotechvnu.edu.vn

Ministry of Agriculture and Rural Development (MARD)
National Institute of Animal Husbandary
Lab of Animal Cell Technology
Gemeinde Thuy Phuong, Chem, Tu Liem
Hanoi
Tel.: 84 4 6216 6165
Fax.: 84 4 3838 9775
Web: www.vcn.vnn.vn

Ministry of Agriculture and Rural Development (MARD)
Vietnam Academy of Agricultural Science
Agricultural Genetics Institute
Pham Van Dong
Hanoi
Tel.: 84 4 3754 4712
Fax.: 84 4 3754 3196
Email: [email protected]
Web: www.vaas.org.vn