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Asien Kurier  7/2010 vom 1. Juli 2010
Vietnam

Kernkraftnutzung soll Stromausfälle vermeiden

Bau von acht Atommeilern bis 2030 geplant. Russland hat als Partner derzeit die Nase vorn.

Von Dr. Stefanie Schmitt, Germany Trade & Invest in Hanoi

Die vietnamesische Regierung treibt mit Nachdruck den Einstieg des Landes in die Kernenergienutzung voran. Im Februar 2010 erhielt die russische Rosatom den Kooperationszuschlag für das erste Kernkraftwerk des Landes. Der Baustart ist für 2014 geplant, 2020 soll Ninh Thuan ans Netz gehen und bis 2030 sollen sieben weitere Atomkraftwerke folgen. Mögliche Risiken kommen kaum zur Sprache. Insbesondere Japan, aber auch Südkorea und Frankreich erhoffen sich Geschäftschancen.

Trotz eines erheblichen Ausbaus der Stromerzeugungskapazitäten in den letzten Jahren gehören Stromausfälle in Vietnam nach wie vor zum Alltag. Für die Bevölkerung sind sie ein Ärgernis, für die Wirtschaft ein Kostenfaktor. Tatsächlich stieg die landesweite Elektrizitätsnachfrage in den letzten Jahren im Durchschnitt etwa doppelt stark wie das Bruttoinlandsprodukt (2009: +14,0%). Bis 2025 soll sie laut Einschätzung des Ministry of Industry and Trade (MoIT) durchschnittlich weiterhin um Raten zwischen 8,6 und 9,7 Prozent wachsen. Andere Institutionen gehen sogar von einem Plus zwischen 15 und 20 Prozent per annum aus.

Mit den anvisierten Steigerungsraten hält der Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten nicht Schritt. Diese verteilen sich bislang zu etwa 40 Prozent auf Wasserkraft, 36 Prozent auf Gas, 12 Prozent auf Kohle, je 5 Prozent auf Öl und Diesel sowie 2 Prozent auf erneuerbare Energieträger (außer Wasser). Nach einem Ende 2009 veröffentlichten Plan werden bis 2050 etwa 15 bis 20 Prozent der landesweiten Stromproduktion aus Atommeilern stammen. Statt der zuvor vorgesehenen zwei beziehungsweise drei sollen nun bis 2030 acht Werke ans Netz gehen. Vietnam verspricht sich vom Einstieg in die Kernkraft eine im Vergleich zur Wasserkraft stabilere Energieversorgung sowie größere Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. Risiken werden dagegen kaum diskutiert. Als größte "Knackpunkte" bei der Realisierung dieser Pläne gelten Kapital- und Fachkräftemangel.

Insbesondere Japan, aber auch Frankreich, die VR China und Südkorea haben wiederholt großes Interesse an einer Beteiligung an den vietnamesischen Nuklearplänen geäußert. Im Februar 2010 erhielt schließlich aber die russische Rosatom den Zuschlag als Partner für die erste Projektphase am Ninh-Thuan-Kernkraftwerk. Noch offen ist, ob Rosatom den Engineering-Procurement-Construction- (EPC-) Vertrag erhält. Die beiden geplanten Kernkraftwerke in Ninh Tuan sollen gemeinsam eine Kapazität von 4 GW aufweisen. Der Baustart von Ninh Tuan 1 ist für 2014 anvisiert, 2020 soll der erste Atomstrom fließen. Ninh Tuan 2 soll ein Jahr später ans Netz gehen.

Im März 2010 unterzeichneten Vietnam und die USA eine Absichtserklärung, auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie zusammenzuarbeiten. Ähnliche bilaterale Abkommen existieren bereits mit Russland, der VR China, Frankreich, Indien, Südkorea und Argentinien.