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Asien Kurier  4/2014 vom 1. April 2014
China

"Nachhaltige Kontakte und aktiver Dialog"

Gespräch mit dem Kommissarischen Geschäftsführer der neuen Chinesischen Handelskammer in Deutschland, Herrn Duan Wei, über die Motive der Kammergründung, mögliche weitere Betätigungsfelder und etwaige Bedenken in der deutschen Öffentlichkeit

Von Dr. Doreén Pick

Im Januar 2014 wurde im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Berlin die Chinesische Handelskammer in Deutschland (CHKD) eingeweiht. Mit der Eröffnung der ersten Kammer dieser Art in Europa möchte die chinesische Seite dem besonderen ökonomischen Verhältnis zwischen beiden Ländern Rechnung tragen. Aus einer übergeordneten Perspektive zeigt der Vorgang, dass die Wirtschaftsbeziehungen mit China in ein neues Stadium eintreten sind: War China zuvor primär als günstiger Produktionsstandort und Exportmacht in Erscheinung getreten, wagen nun immer mehr chinesische Unternehmen den Schritt auf die europäischen Märkte, um dort umfangreichere Investitionen zu tätigen. Der Asien Kurier hat mit dem Kommissarischen Geschäftsführer der CHKD, Herrn Duan Wei, über die Motive der Kammergründung, mögliche weitere Betätigungsfelder und etwaige Bedenken in der deutschen Öffentlichkeit gesprochen.

DIHK-Präsident Eric Schweitzer (links) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (rechts) eröffnen die chinesische Handelskammer in Berlin.
Foto: DIHK

Asien Kurier: Herr Duan, warum fiel die Wahl für die neue Kammer auf Berlin und nicht etwa auf Frankfurt, London oder Paris? Was spricht für Berlin?

Duan Wei: Es ist natürlich kein Zufall, dass unsere Handelskammer in Deutschland gegründet wurde. Denn als Wirtschafts- und Handelspartner nimmt Deutschland für China seit Jahren eine ganz besondere Rolle ein. 2012 stammten 11,7% der Importe Chinas aus Europa, davon 5,1% allein aus Deutschland. Die Exporte von Deutschland nach China haben sich von 10,8 Milliarden US$ im Jahr 2001 auf 71,3 Milliarden US$ in 2011 mehr als versechsfacht. Durch diesen kontinuierlichen Anstieg der Exporte nach China hat Deutschland, im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsländern, überproportional profitiert. Deutschland ist damit Chinas wichtigster Wirtschaftspartner in Europa und umgekehrt ist China Deutschlands wichtigster Partner in Asien.
Zudem ist bemerkenswert, dass auch die Direktinvestitionen von China nach Deutschland stark zunehmen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Wahl auf Deutschland gefallen ist. In Berlin und dessen Umland sind zwar zugegebenermaßen noch nicht so viele chinesische Unternehmen ansässig wie etwa in Hamburg oder in Nordrhein-Westfalen, aber die Nähe zur Bundesregierung ist für uns als Kontaktstelle chinesischer Unternehmen ein wichtiger Vorteil. Ich denke, dies gab den Ausschlag für die Wahl Berlins als Ausgangspunkt. Außerdem hat Berlin das Potenzial, ein neuer Anziehungspunkt für Auslandsinvestitionen zu werden. Nichtsdestotrotz sind wir natürlich bereits jetzt im gesamten Bundesgebiet für unsere Mitglieder aktiv.

Asien Kurier: Mit wie vielen Mitarbeitern arbeitet die Kammer momentan und welchen Hintergrund haben diese?

Duan Wei: Momentan beschäftigen wir zehn Mitarbeiter, inklusive einiger Praktikanten. Eine Aufstockung unseres Personals ist allerdings bereits in Planung. Bisher besteht unser Team hauptsächlich noch aus chinesischen Mitarbeitern, wir haben uns aber seit der Eröffnungsfeier durch unseren ersten deutschen Mitarbeiter verstärkt. Auch hier streben wir für die Zukunft eine Personalpolitik an, die den zweiseitigen Ansatz der CHKD wiederspiegelt.

Asien Kurier: Wie viele chinesische Unternehmen werden derzeit von Ihnen betreut, existieren bestimmte Branchenschwerpunkte und gibt es bereits große und bekannte chinesische Unternehmen unter Ihren Mitgliedern?

Duan Wei: In den wenigen Monaten zwischen unseren ersten Aktivitäten in Deutschland im Mai 2013 und der offiziellen Eröffnung im Januar dieses Jahres haben wir bereits rund einhundert Mitgliedsunternehmen gewinnen können. Diese Unternehmen repräsentieren bisher besonders die Branchen Finanzen, Technologie, Luftverkehr und Maschinenbau. Wir hoffen aber in der Zukunft, Mitgliedsunternehmen aus möglichst vielen Branchen vertreten zu dürfen. Zu den Mitgliedsunternehmen, die in Deutschland bereits einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht haben dürften, gehören u.a. Huawei Technologies Deutschland GmbH, ICBC Frankfurt Branche, Air China Co., Ltd., die Baosteal Europe GmbH, China Shipping (Europe) Holding GmbH oder Linde Hydraulics, um nur einige zu nennen.

Asien Kurier: Welche strategischen Zielsetzungen verfolgt die Chinesische Handelskammer im Einzelnen bei ihrer Arbeit in Deutschland?

Duan Wei: Die CHKD will allgemein den bilateralen Wirtschaftsaustausch zwischen China und Deutschland fördern und ihren Mitgliedern als Kontaktstelle zur deutschen Politik, den Behörden, der Wirtschaft sowie den Medien und der Öffentlichkeit dienen. Darüber hinaus möchte sie ihre Mitgliedsunternehmen beim Aufbau nachhaltiger Kontakte und Netzwerke in Deutschland unterstützen. Ein zentrales Ziel der Handelskammer ist es, die Mitgliedsunternehmen und deren Beschäftigte bei der Integration ins gesellschaftliche sowie kulturelle Leben in Deutschland zu unterstützen und auf diese Weise zu einer weiterhin positiven Entwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen beizutragen.

Eröffnung der chinesischen Handelskammer in Deutschland Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Eric Schweitzer (rechts), der chinesische Botschafter in Deutschland Shi Mingde (links) mit dem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (Mitte)
Foto: DIHK

Asien Kurier: Welche konkreten Aufgaben nimmt die CHKD im Interesse ihrer Mitgliedsunternehmen wahr?

Duan Wei: So kurz nach unserer offiziellen Eröffnung sind wir natürlich noch dabei, das Spektrum unserer Dienstleistungen auszubauen. Derzeit konzentriert sich unsere Arbeit auf die Bereitstellung von Informationen, die es chinesischen Firmen erleichtern sollen, im deutschen Wirtschaftsraum zu operieren und zu investieren. Beispielsweise veranstalten wir momentan gemeinsam mit unseren Partnern eine kostenfreie Vortragsreihe zum deutschen Steuer-, Finanz- und Arbeitsrecht. Hierbei wollen wir in verschiedenen Städten chinesische Firmen über die Rechtslage in Deutschland informieren und zugleich eine Plattform für die Vernetzung mit deutschen Unternehmen schaffen. Außerdem bereiten wir gerade eine Publikation vor, die die wichtigsten Informationen für chinesische Investoren in Deutschland in einer Art Handbuch zusammenfasst. Wir bekommen aber auch sehr viele Anfragen von chinesischen wie deutschen Unternehmen für die Suche nach Investoren oder Investitionsprojekten, nach Vertriebs- oder Kooperationspartnern und nach sonstigen Firmenkontakten.

Asien Kurier: Ist die Kammer auch als Anlaufstelle für deutsche Unternehmen gedacht, die z.B. in China investieren wollen oder generell Informationen und Rat suchen?

Duan Wei: Hier können wir in der Tat einen großen Bedarf feststellen. Anfragen in diese Richtung gehen ? besonders nach unserer Eröffnungsfeier ? in einem Umfang ein, der unsere Erwartungen übertrifft. Obwohl in unserer Anfangszeit der Service für unsere Mitglieder und die Vernetzung innerhalb Deutschlands im Vordergrund steht, sind wir natürlich auch sehr interessiert, deutschen Unternehmen unsere Dienstleistungen anbieten zu können. Dies gilt im Besonderen, weil wir auf zentraler und regionaler Ebene eng mit chinesischen Behörden zusammenarbeiten. Neben der Bereitstellung von Informationen und Kontakten können wir auch bei der Organisation deutscher Delegationen nach China unterstützen. Bisher bearbeiten wir diese Anfragen noch parallel zu unserem Tagesgeschäft, werden aber schnellstmöglich spezielle Strukturen für diesen Bereich schaffen, um uns dem Bedarf der deutschen Unternehmen anzupassen.

Asien Kurier: Wird es auch Veranstaltungen mit deutschen Institutionen wie den Industrie- und Handelskammern geben? Welche Themenfelder würden sich für gemeinsame Konferenzen und Workshops anbieten?

Duan Wei: Bereits unsere Eröffnungsveranstaltung fand in Zusammenarbeit zwischen uns und dem DIHK statt. Ich denke, hieran ist leicht zu erkennen, wie sehr wir an einer engen Kooperation mit den IHKs interessiert sind. Außerdem sind gerade in den letzten Wochen mehrere Anträge auf Fördermitgliedschaft von Industrie- und Handelskammern bei uns eingegangen. Das zeigt, dass auch von dieser Seite Interesse an einer Kooperation besteht. Am 17. März haben wir z. B. am China Info Forum der Handelskammer Hamburg teilgenommen und das Konzept der Chinesischen Handelskammer in Deutschland vorgestellt. Außerdem hat unsere kostenfreie Vortragsreihe ebenfalls im März begonnen. Dabei ist für uns die Zusammenarbeit mit lokalen IHKs und Wirtschaftsförderungsverbänden besonders wichtig, um die Unternehmer in der jeweiligen Region erreichen zu können.

Asien Kurier: Zur Eröffnung betonte Wirtschaftsminister Gabriel, dass die deutsche Regierung chinesische Investoren nach Kräften unterstützen wolle. Welche Kontakte gibt es derzeit zwischen Bundesregierung und Handelskammer?

Duan Wei: Wir haben uns sehr gefreut, dass Herr Gabriel uns zu unserer Eröffnung so deutlich die Unterstützung durch die deutsche Regierung zugesichert hat. Besonders dieses Jahr wird stark von gegenseitigen Besuchen hochrangiger Politiker geprägt sein. Und es ist damit zu rechnen, dass diese neue Impulse bei der Vertiefung der deutsch-chinesischen Wirtschaftszusammenarbeit setzen werden. Diese wird die CHKD gezielt aufnehmen und sich im Namen der chinesischen Unternehmen in Deutschland aktiv am Dialog beteiligen.

Asien Kurier: In Deutschland, aber auch in anderen Ländern, gibt es Ressentiments gegenüber chinesischen Unternehmen. Die Sorgen reichen von Produktpiraterie bis zum Aufkauf von Traditionsfirmen. Gibt es Pläne von Ihrer Seite, diesen Bedenken entgegenzuwirken?

Duan Wei: Wir glauben, dass diese Ressentiments hauptsächlich dann entstehen, wenn China und die chinesische Wirtschaft nicht mit all ihren Aspekten und Perspektiven wahrgenommen werden. Im Prozess der Annäherung der beiden Kulturen ist das Wissen über den jeweils Anderen noch nicht sehr umfassend und teilweise selektiv. Die kürzlich veröffentlichte Huawei-Studie 2014 mit dem Titel ?Deutschland und China-Wahrnehmung und Realität? weist gerade in Bezug auf den Technologietransfer darauf hin, dass die verstärkte Hinwendung Chinas zu Innovation und Forschung der letzten Jahre sich noch kaum im Chinabild der Deutschen widerspiegelt. Die Vorbehalte gegen Übernahmen durch chinesische Unternehmen dürften der Tatsache geschuldet sein, dass es noch relativ wenige Erfahrungen mit diesem Phänomen gibt.
Die erste größere Übernahme dieser Art, die einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, ereignete sich erst 2012 bei der Übernahme der Firma Putzmeister durch Sany. Ich bin mir sicher, die Zeit wird zeigen, dass die chinesischen Unternehmen entschlossen sind, langfristig und nachhaltig in Deutschland zu investieren. Um auf diese Weise profitieren zu können, sind sie natürlich von einem stabilen wirtschaftlichen Umfeld abhängig. Darum möchten sie in Deutschland soziale Verantwortung übernehmen und nicht zuletzt Arbeitsplätze schaffen. Deutsche Unternehmen tun dies in China bereits seit Jahrzehnten. Ich denke, die chinesischen Unternehmen erkennen ihre Pflicht, jetzt etwas an Deutschland zurückzugeben. Insgesamt dürfte zu diesen Themen noch ein größerer Informationsbedarf bestehen, dem die CHKD zu begegnen sich vorgenommen hat. Doch nur wenn es uns gelingt, die Sachlage bezüglich chinesischer Investitionen in Deutschland der Öffentlichkeit transparent und objektiv zu vermitteln, werden wir die bestehenden Ressentiments abbauen können. Dazu sind bereits Veranstaltungen und Studien angedacht, die chinesischen wie deutschen Unternehmern die jeweils andere Kultur und Wirtschaftskultur näherbringen und dabei helfen sollen, evtl. Problemfelder differenzierter zu betrachten.

Asien Kurier: Ist die Eröffnung des Büros in Berlin nur ein erster Schritt in einem umfassenderen Ansatz, chinesische Unternehmensinteressen in Europa zu vertreten? Sollen in absehbarer Zeit weitere Standorte folgen?

Duan Wei: Die Eröffnung unseres Büros in Berlin ist ein erster Schritt und stellt zugleich das Konzept einer chinesischen Außenhandelskammer in Deutschland auch auf den Prüfstand. Wir sind momentan nur für Deutschland zuständig und möchten zuerst unter Beweis stellen, dass sich dieses Konzept in Deutschland bewährt sowie möglichst viele chinesische Unternehmen aus möglichst vielen Branchen und Regionen für uns gewinnen. So können wir mit Deutschland als festem Rückhalt in Europa unsere Aktivitäten sukzessive ausdehnen. Einen konkreten Ausblick auf den zeitlichen Ablauf dieses Prozesses können wir allerdings noch nicht geben. Dieser wird aber wohl eher in Jahren als in Monaten zu bemessen sein, um ein nachhaltiges Wachstum der chinesischen Handelskammer zu garantieren.

Herr Duan Wei, wir danken Ihnen herzlich für das Interview.

Adressen

Herr Duan Wei
Die Chinesische Handelskammer in Deutschland e. V.
IHZ Hochhaus 649, Friedrichstra?e 95
10117 Berlin
Tel.: +49 30 20917522
Fax: +49 30 20917340
Email: [email protected]





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