⇒  Zur Homepage vom Asien Kurier
⇒  Zur Einzelartikelliste vom Asien Kurier
⇒  Das PDF-Magazin kostenfrei bestellen.


Datum: 2023-10-07

Asien Kurier  8/2007 vom 1. August 2007

Japan - Rigorose Synergienutzung

Von Urs M�ller in Kuala Lumpur.

Gespr�ch mit Nissan/Renault-CEO Carlos Ghosn �ber Markenstrategien

�Mein Doppeljob ist ein Balanceakt zwischen zwei gegens�tzlichen Betriebssystemen und Kulturen�, r�soniert Carlos Ghosn, Pr�sident und CEO von Nissan Motor und Renault SA., �daher f�lle ich in Tokio keine Entscheidung f�r Renault und in Paris keine f�r Nissan�.
Neben absoluter Synergienutzung zur St�rkung der Schw�chen der Allianzpartner Renault und Nissan geht es dem kompromisslosen Sanierer vor allem um die weitere Abgrenzung der Markenidentit�t und Verbreiterung der Managementautonomie. Zur Optimierung ihrer Potentiale teilten die beiden Autobauer unter anderem auch die Zukunftsm�rkte unter sich auf. So ist Nissan beispielsweise fest in China und S�dostasien etabliert, w�hrend sich Renault auf Indien und Russland konzentriert. Allerdings klappt nicht alles nach Plan, da beispielsweise weder Nissan in Thailand noch Renault in Malaysia ihren Absatz auf die Reihe bringen.
Parallel zur internen Feinabstimmung schw�chelt nun auch noch der Absatz der beiden Autobauer, was die Kritik an Ghosns CEO-Personalunion merklich sch�rt. Auf der Aktion�rsversammlung in Yokohama am 20. Juni unterbrachen seinen Rechenschaftsbericht des Fiskaljahres 2006 ungewohnt bittere Zwischenrufe und aggressive Fragen der sonst reservierten Japaner, da Nissans Nettogewinn erstmals seit 2000 um 11,1 Prozent auf 3,89 Milliarden US-Dollar gefallen war. Zur Beschwichtigung der aufgebrachten Gem�ter verzichtete er und Nissans Vorstand auf ihre Bonusse f�r das Jahr 2006. Nur Tage sp�ter musste auch Renault ein weiteres Abrutschen seines Absatzes im ersten Halbjahr 2007 um 3,8 Prozent bekannt geben.
Unger�hrt nennt der Spitzenmanager diese Absatzeinbr�che �tempor�re Problemchen�, da die totale Erneuerung der Modellpalette beider Marken angesagt sei. �Unsere diesj�hrigen acht Renault und elf Nissan Modelldeb�ts werden gewiss den Absatz global merklich ankurbeln�, verheisst Ghosn, �zudem investieren wir in Zukunftstechnologien, er�ffnen Werke in Schwellenl�ndern und feilen an den Markenimages.� Trotz Absatzschwund h�lt er jedoch am diesj�hriges Renault Ziel einer operativen Marge von drei Prozent ebenso stur fest wie an ihrer Verdoppelung auf sechs Prozent bis 2009, was die �dies- und n�chstj�hrige Modelloffensive massgeblich unterst�tze�.
Ob die neuen Renault Modelle, vor allem das Kleinauto Twingo und der Mittelklasswagen Laguna, Renner werden, ist allerdings noch ungewiss. Mit dem Billigauto Logan hingegen gelang Renault der grosse Wurf eines globalen Bestsellers, der den Abw�rtstrend beinahe neutralisiert. �Noch immer deckt unsere Logan Produktion nicht die Nachfrage�, bekennt der Konzernchef, �daher bauen wir ihn jetzt auch noch im Iran und Russland�. Mit immer neuen Logan Varianten verbreitert Renault derzeit den Appeal seines Erfolgsautos, wovon 2010 j�hrlich eine Million gebaut werden soll.
Gleichzeitig begannen Indiens Tata und Italiens Fiat mit der Entwicklung eines gemeinsamen Billigautos ab 100.000 indische Rupie (rund 1.810 Euro) f�r Asiens Umsteiger vom Motorrad aufs Auto, die sich kaum die viel teureren Logan PKW leisten k�nnen. �Aus dem Nichts k�ndigte ein indischer Autobauer das n�chstj�hrige Deb�t seines Einsteigerautos f�r weniger als 3.000 US-Dollar an�, argumentiert der Franzose, �diese Herausforderung werden wir kontern.� Seit Monaten arbeiten Renault, Nissan und ihr indischer Partner �Mahindra & Mahindra� fieberhaft an einem spottbilligen viert�rigen Auto aus neuen Niedrigpreismaterialien, wo sich alles um innovative Technologien und rigorose Produktionseffizienz dreht. Gebaut wird ihr Minimalauto in Indien und soll nach Schwellenl�ndern in Osteuropa, S�damerika und Mittleren Osten exportiert werden. Dieses neue Marktsegment hat ein gigantisches Potential, da Indien schon heute einer der gr�ssten Kleinwagenm�rkte der Welt ist und seine Kaufkraft rasch w�chst. Wann wird es kommen? Dar�ber schweigt sich Ghosn noch aus, doch nach gut informierten Quellen soll es in weniger als zwei Jahren so weit sein.
Neben konventionellen Modellen entwickelt die franz�sisch-japanische Allianz wohl auch alternative Antriebstechnologien, doch ihr Schwerpunkt scheint eher auf sauberem Diesel zu liegen. Schliesslich baut Nissan seinen neuen Altima Hybrid Mittelklassewagen mit Toyotas Hybridsystem. �Im April 2010 wird Nissan seine eigene Elektro-Benzin Hybridtechnologie zuerst in Japan und dann in den USA einf�hren�, verspricht Ghosn, �dazu entwickeln wir nun mit NEC eine neue Lithium-ion Batterie�. Toyotas globaler Absatz von �ber einer Million Hybridautos seit 1997 l�sst ihn k�hl, da �der Renault Vertrag 2009 die Senkung der CO2-Emissionen zum Ziel� habe. Nach seinem Prinzip der gegenseitigen Erg�nzung ist Nissan f�r Hybrid- und Benzinerentwicklung zust�ndig, w�hrend sich Renault auf saubere Diesel- und Elektrotechnologie konzentriert.
�Als erster japanischer Autobauer wird Nissan 2010 in allen US-Bundesstaaten Diesel-PKWs vertreiben�, f�hrt er fort, �neben Europa und Nordamerika werden wir die gemeinsam entwickelte saubere Dieseltechnologie auch in Asien einf�hren.� Eine k�hne Strategie im Hinblick auf die riesigen Image- und Statusprobleme des Diesels in Asien und den USA, wo der scharfz�ngige Franzose auf Grund der weltweit hohen Kraftstoffpreise und versch�rften Umweltauflagen gute Absatzchancen f�r Dieselmotoren sieht: �Der globale Diesel-Hype ist erst im Anrollen.�