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Datum: 2022-12-31

Asien Kurier  7/2008 vom 1. Juli 2008

China - Die Subprime-Krise - Segen und Fluch f�r China ?

Von Corinne Abele, bfai-Korrespondentin in Beijing.

Im Gegensatz zu vielen anderen L�ndern, erlebt China die W�hrungs- und Finanzmarkturbulenzen im Gefolge derImmobilienkrise in den USA nicht nur als Alptraum. Zwar bleibt das Land von den Auswirkungen nicht verschont,doch der Bankensektor ist relativ gering betroffen. F�r die seit f�nf Jahren ununterbrochen zweistellig wachsendeVolkswirtschaft haben die Folgen der Immobilienkrise in den USA zwar negative, aber auch positive Seiten.
Zu den negativen z�hlt zweifellos der gewaltige Zufluss spekulativer Gelder. Angesichts des Werteverlusts des US-Dollars - seit 1. Januar 2007 hat er bis zum 1. Mai 2008 gegen�ber dem Euro 15,3 Prozent und gegen�ber dem Renminbi (RMB) knapp 10,5 Prozent verloren - betrachten einige Anleger das Reich der Mitte als relativ sicheren Hafen. Doch nach wie vor sind die Finanzm�rkte wenig flexibel, zahlreiche Finanzmarktprodukte nicht verf�gbar und der Zugang zu Krediten eingeschr�nkt. Au�erdem fehlt die Integration in die internationalen Kapitalm�rkte. Dennoch erreichten laut dem "State Information Center" allein im 1. Quartal 2008 doppelt soviel Spekulationsgelder die Volksrepublik (85 Mrd. US$)wie im 1. Quartal 2007.
Damit erh�ht sich der Druck auf die seit dem vergangenen Jahr steigende Inflationsrate. Im 1. Quartal 2008 lag sie bei rund 8 Prozent und erreichte im Februar den bisherigen H�chststand von 8,7 Prozent. Bislang waren vor allem Nahrungsmittel Preistreiber. Doch Experten bef�rchten angesichts steigender Rohstoffpreise und wachsender Liquidit�t im Markt eine Ausweitung auf andere Sektoren. Um Liquidit�t aus dem Markt zu nehmen, hatte China 2007 insgesamt sechs Mal die Leitzinsen erh�ht. Im laufenden Jahr blieb dies bislang aus. Ein Grund daf�r k�nnte sein, einen weiteren Anstieg der Spekulationsgelder zu verhindern. Daf�r wurde der Mindestreservesatz der Banken zum 20. Mai 2008 auf den Spitzenwert von 16,5 Prozent erh�ht.
Die Turbulenzen an den internationalen Aktienm�rkten infolge der Subprime-Krise haben auch chinesische Anleger getroffen. Der Shanghai Composite Index sank von seinem Hoch im Oktober 2007 von �ber 6.124 Punkten auf rund 3.500 Mitte Mai 2008. So sehr vor allem Kleinanleger unter der Entwicklung leiden, begreifen dies Finanzanalysten eher als dringend notwendige Marktbereinigung. Damit habe sich die Gefahr des Platzens einer Blase an ChinasAktienm�rkten verringert.
Eher positiv werten Kenner auch die Auswirkungen auf den Au�enhandel. Bereits seit Jahren haben die USA als Absatzmarkt f�r chinesische Exporteure an Bedeutung verloren. Der Anteil der USA sank von 21,1 Prozent (2003) auf 19,1 Prozent (2007). Im 1. Quartal 2008 ging er weiter auf 17,4 Prozent zur�ck. Seit Anfang 2007 sinkt der quartalsweise Zuwachs chinesischer Exporte in die USA kontinuierlich. Verst�rkt wird dies durch den W�hrungseffekt. Gleichzeitig f�rdert der schw�chere Dollar die US-Exporte nach China und tr�gt damit zur Verringerung des gro�en �berschusses im Handel mit den Vereinigten Staaten bei.
Diese Entwicklung wird von inl�ndischen Handelsexperten begr��t. Zum einen kommt China damit etwas aus der Schusslinie vor allem US-amerikanischer Stimmen, den Renminbi deutlich aufzuwerten. Zum anderen hilft es dem Land, seine Exportstruktur zu diversifizieren. Den geringen Zuwachs der Exporte in die USA im ersten Quartal in H�he von 5,4 Prozent, haben Exportsteigerungen nach S�dkorea (+33,4 %), nach Deutschland (+23,7 %), Indien (+48,1 %) oder Russland (+51,6 %) mehr als wett gemacht.
Insgesamt legten die chinesischen Ausfuhren im ersten Quartal 2008 um 21,4 Prozent zu. Die "Chinese Academy of Social Sciences" (CASS) rechnet f�r das Gesamtjahr 2008 mit einem Anstieg von 19 Prozent. Die j�ngste Prognose des chinesischen Handelsministeriums, die den Exportanstieg 2008 auf lediglich 10 Prozent bezifferte, d�rfte dagegen zuniedrig sein.
Der schwache Dollar sorgt nicht nur f�r eine Diversifizierung der l�nderspezifischen Exporte. Er ver�ndert auch die Produktstruktur der Ausfuhr. Zum einen sind gerade die USA ein gro�er Absatzmarkt f�r Chinas h�ufig in Auftragsarbeit gefertigte Billigexporte, der nun kleiner wird. Zu ihnen z�hlen zum Beispiel Schuhe, Billigtextilien und teilweise Elektroger�te.
Zum anderen frisst der gegen�ber dem US-Dollar erstarkende Renminbi die ohnehin niedrigen Gewinnmargen der Billighersteller auf. Ihnen machen bereits steigende Rohstoff- und Arbeitskosten zu schaffen. So legte die Ausfuhr von Schuhen im ersten Quartal 2008 wertm��ig zwar noch um 9,5 Prozent zu, das Volumen fiel jedoch um 5,3 Prozent. Auch die Zunahme von Kleidung und Accessoires fiel in den ersten drei Monaten 2008 mit 14,7 Prozent deutlich geringer aus als im Gesamtjahr 2007 (+20,9 %).
Noch scheint es verfr�ht, aus der Exportentwicklung des ersten Quartals eine Trendaussage f�r das gesamte Jahr 2008 abzuleiten. Das erste Quartal war durch Sonderereignisse (Schneest�rme im exportorientierten S�dchina und ein au�ergew�hnlich hoher Exportzuwachs im Februar 2007, der die Ergebnisse verzerrt) gepr�gt. Vom gro�en Erdbeben am 12. Mai 2008 in der Provinz Sichuan sind hingegen weniger Auswirkungen auf die Exporte im zweiten Quartal 2008 zu erwarten.
Dennoch weist eine w�hrungsbereinigte Betrachtung der Entwicklung in den ersten drei Monaten auf einen R�ckgang des Exportwachstums hin. Dieser k�nnte sich im zweiten Halbjahr 2008 fortsetzen, sollte sich die konjunkturelle Abschw�chung in den USA verst�rken und sich weiter auf andere Volkswirtschaften ausdehnen. Eine schw�chere Entwicklung der Exporte allein in die USA d�rfte China jedoch durch st�rkere Ausfuhren nach Europa und Asien weitgehend ausgleichen k�nnen.