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Datum: 2022-12-31

Asien Kurier  8/2008 vom 1. August 2008

China - China �berrundet die USA

Von Achim Haug, bfai-Redakteur in K�ln.

Die Volksrepublik China d�rfte die USA im 1. Halbjahr 2008 als Nation mit den meisten Internetnutzern �berholt haben. Verantwortlich f�r den Boom ist vor allem die Unterhaltung im Internet.
China ist nicht von der digitalen Revolution verschont geblieben. Im Gegenteil: die Volksrepublik hatte nach verschiedenen Angaben Anfang 2008 �ber 200 Millionen Internetnutzer und d�rfte somit mittlerweile die Vereinigten Staaten von ihrem Spitzenplatz verdr�ngt haben. Die verbundenen Branchen haben dadurch ein rasches Wachstum erfahren. Auch wenn lokale Anbieter konkurrenzf�hige Preise bieten, kann ausl�ndisches Engagement durch Technik- und Know-how-Lieferung erfolgreich sein. Auch Internet-Dienstleistungen sind gefragt, stehen aber sowohl in einem harten Wettbewerb als auch unter strenger Aufsicht durch die Regulierungsbeh�rden.
In dem am 17. Januar 2008 ver�ffentlichten "21. Statistikbericht �ber die Entwicklung des Internet in der VR China" geht der staatliche Internet-Thinktank, China Internet Network Information Center (CNNIC) f�r Ende 2007 von 210 Millionen Internetnutzern aus. Das bedeutet einen Anstieg von 53 Prozent gegen�ber dem Vorjahr (2006: 137 Mio.). Damit lag China nur noch rund 5 Millionen hinter den f�hrenden USA, deren Internetgemeinde allgemein auf rund 215 Millionen gesch�tzt wurde. Die chinesischen Nutzerzahlen wuchsen 2007 um 6,1 Millionen monatlich.
Das Ministry of Industry and Information (MII) gab Anfang Mai 2008 eine Mitgliederzahl der Onlinegemeinde von 220 Millionen an. Das Beratungsunternehmen BDA sah die Zahl dagegen schon Anfang 2008 bei 229 Millionen und das "Reich der Mitte" damit bereits damals vor den USA. Chinesisch ist bereits die zweitwichtigste Sprache im Internet und wird von circa 15 Prozent der Nutzer weltweit gesprochen. Englisch ist mit 30 Prozent die Hauptmuttersprache, Deutsch kommt mit circa 5 Prozent auf Platz sechs. Im Mai 2008 waren etwa 11,8 Millionen Internetadressen mit der Endung .cn bei der CNNIC registriert (.de-Adressen im Mai 2008: 12,1 Millionen).

1) Ein Internetnutzer wird im neuesten Bericht definiert als ein chinesischer B�rger �ber sechs Jahren, der im letzten halben Jahr das Internet besucht hat. Zuvor musste im Schnitt f�r mindestens eine Stunde proWoche das Internet genutzt werden.
2) Angabe jeweils zum Periodenende Quelle: CNNIC

Trotzdem ist die Nutzung noch lange nicht mit der Internetdurchdringung zum Beispiel in den Vereinigten Staaten vergleichbar. So bel�uft sich die Verbreitungsrate auf eher magere 16 Prozent, was der US-amerikanischen Zahl aus den 90er Jahren entspricht. Dort liegt die Nutzungsrate bei �ber 70 Prozent, weltweit im Schnitt bei 19,1 Prozent. Der durchschnittliche Nutzer in China ist nach Angaben des CNNIC relativ jung, urban, m�nnlich, h�ufig Student und geht rund 16 Stunden pro Woche online. Die Durchdringungsrate liegt in den St�dten bei 20 Prozent, in l�ndlichen Gebieten dagegen nur bei rund 3 Prozent. Die Nutzer auf dem Land nahmen 2007 allerdings verh�ltnism��ig stark zu (+128%).
Die starke Steigerung ist vor allem der Unterhaltungsfunktion des Internets geschuldet, besonders Musikdownloads und online-Filme oder TV werden neben Suchmaschinen genutzt. Daneben wird �ber das Netz h�ufig inter-personelle Kommunikation betrieben, �ber Chat-R�ume, Bulletin Boards oder Instant Messaging Systeme. CNNIC zufolge existieren alleine 72,8 Millionen Blogs, insgesamt 47 Millionen Netizens schreiben Web-Tageb�cher in China. Auch Onlineshopping wird zunehmend genutzt und Internetwerbung zur Verbraucherinformation wahrgenommen. In einem ersten Bericht �ber die Nutzung von Audio- und Videoinhalten im Web geht CNNIC von 160 Millionen regelm��igen Besuchern von Seiten mit entsprechenden Angeboten aus.

Das Wachstum der Internetinfrastruktur tr�gt zu neuen Gesch�ftsm�glichkeiten bei. Zun�chst wird die Hardware wie Computer und Netzwerktechnologie ben�tigt.Dabei ist besonders die Nachfrage nach schnellen Glasfaserkabeln und (digitaler) kabelloser Daten�bertragung gestiegen. Daneben besteht Bedarf an Routern und Breitbandweichen. Das CNNIC sieht in diesen Bereichen Wachstumspotentiale im Zuge der weiteren Zunahme der Nutzerzahlen und einer Intensivierung der Nutzung.
Nach Angaben des MII nehmen 74,1 Millionen Chinesen einen Breitbandanschluss in Anspruch, um online zugehen, was durch eine Studie von Dittberner Associates gest�tzt wird. Das CNNIC gibt dagegen 163,4 Millionen Anschl�sse an. Offensichtlich wurden abweichende Definitionen f�r eine Breitbandverbindung verwendet.F�r die USA geht Dittberner von rund 70 Millionen aus. Auch tragbare Ger�te erfreuen sich in China wachsender Beliebtheit, um das Internet zu nutzen. Ende 2007 waren 55,6 Millionen Ger�te im Einsatz, davon 43,3 Millionen Mobiltelefone. Von den insgesamt rund 584 Millionen Mobiltelefonbesitzern, nehmen �ber die H�lfte regelm��ig kostenpflichtige Zusatzdienste wie Klingelt�ne in Anspruch.
Noch nicht abschlie�end gekl�rt ist die Einf�hrung eines Standards f�r die dritte Generation schneller Daten�bertragungsdienste (sogenannte 3G-Technik). F�r den von China entwickelten eigenen Standard TD-SCDMA (Time Division-Synchronous Code Division Multiple Access) stehen die Zeichen auf eine zeitnahe Einf�hrung. Lizenzen wurden bislang noch nicht vergeben. Im April 2008 hatte China Mobile mit kommerziellen Testl�ufen in acht St�dten (Shanghai, Beijing, Guangzhou, Shenzhen, Qinhuangdao, Shenyang, Tianjin und Xiamen) begonnen. Obwohl diese nicht wie gew�nscht verliefen, wird China Mobile Beobachtern zufolge an dem nationalen Standard festhalten. Die erweiterten Funktionen w�rden in Fernsehwerbung beworben, so JP Pacific Epoch. Nokia und Motorola k�ndigten jeweils einTD-SCDMA-f�higes Handys an.
Die Olympischen Spiele sollen der Testlauf f�r mobiles Fernsehen im "Reich der Mitte" werden. China Unicom bietet in Kooperation mit Oriental Pearl Mobile TV die olympischen Wettbewerbe als �bertragung auf Mobilger�te an. Passend dazu wurde von Shanghai Unicom das erste Mobil-TV-f�hige Handset herausgebracht.
Das Vertrauen der chinesischen Nutzer in das Internet ist nicht besonders hoch. So besuchen zwar rund zwei Drittel der Netizens Onlinenachrichten, ihre Verl�sslichkeit wird aber nicht besonders gut bewertet. In einer Untersuchung der Chinese Academy of Social Sciences sch�tzten 2007 nur knapp 26 Prozent der Befragten das Internet als zuverl�ssig ein, im Vergleich zu 53 Prozent im Jahr 2003. Anstrengungen das Internet zu kontrollieren, sto�en der Befragung zufolge auf entsprechende Zustimmung in der Bev�lkerung.
Die Telekommunikationsindustrie ist hochgradig reguliert. Ausl�ndische Unternehmen stehen daher in einem Spannungsfeld zwischen einer innovativen Branche und der strengen Kontrolle durch die Administration. Gem�� dem "Industriellen Lenkungskatalog f�r ausl�ndische Investitionen" fallen Investitionen in Telekommunikation in die beschr�nkte Sparte und sind daher nur als Joint Venture mit weiteren Auflagen m�glich. Im Bereich Onlinedienste selbst wurden viele Angebote nach der �berarbeitung des Katalogs im Dezember 2007 in den f�r ausl�ndische Investitionen verbotenen Bereich eingruppiert. Dazu z�hlen Nachrichtenseiten, Internet-basierte Video und Audio Service, Einrichtungen zur Internetnutzung und "Kulturangebote" im Netz. Regulierende Beh�rden sind das Ministry of Industry and Information und die State Administration of Radio, Film, and Television (SARFT).