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Datum: 2022-12-31

Asien Kurier  vom 1. Oktober 2008

Vietnam - Skeptische Verbraucher

Von Dr. Stefanie Schmitt, bfai-Korrespondentin.

Verw�hnt von hohen Wachstumsraten genossen die vietnamesischen Verbraucher, zumindest in den St�dten, in den letzten Jahren zunehmend die kleinen und gro�en Konsumfreuden. So galt es als "letzter Schrei" modebewusster St�dterinnen, die seit 2007 geltende Helmpflicht f�r motorisierte Zweir�der mit dem Kauf farblich aufs Outfit abgestimmter unterschiedlicher Exemplare zu vers��en. Doch seit Anfang 2008 verd�stert sich der �konomische Horizont.
Das gute Konsumklima, sprich: die expandierende Nachfrage nach Konsumg�tern im Verbund mit steigenden verf�gbaren Einkommen, f�hrte dazu, dass das s�dostasiatische Land mit Indien, Russland und China zu den Einzelhandelsm�rkten mit dem weltweit gr��ten Potential gez�hlt wurde. 2007 stieg der Umsatz der Retailbranche nominal erneut um 23,3 Prozent auf 726.100 Milliarden Dong (ca. 28 Mio. Euro, 1 Euro = 25.900 Dong, 3-Monatsmittelkurs).
Kennzeichnend waren die allm�hliche Professionalisierung der Absatzformen - weg vom H�ndler auf der Stra�e beziehungsweise auf offenen M�rkten hin zu modernen Super- oder anderen Fachm�rkten. Beides machte das Land f�r ausl�ndische Handelsketten attraktiv. Die Managementberatungsfirma A.T. Kearney setzte das Land sogar auf den ersten Platz unter den Standorten f�r internationale H�ndler. Tats�chlich beobachtet die Branche die Entwicklung mit gro�em Interesse. Der deutsche Metro-Konzern beispielsweise er�ffnete bereits 2002 in Ho Chi Minh City den ersten lokalen Cash & Carry-Markt. Ihre Zahl ist mittlerweile auf acht gestiegen, vier weitere sind geplant. Daneben sind aus dem Ausland unter anderem die malaysische Parkson-Gruppe und Lotte aus S�dkorea vertreten. Weitere wie Loxley aus Thailand sitzen in den Startl�chern.
Inzwischen weist der Lack des Wirtschaftsaufschwungs allerdings vermehrt Sch�nheitsflecken auf.
Erstmals seit der Asienkrise 1997/98 erleben die Konsumenten nun ein Abflauen der Wirtschaftsaktivit�t.
Insbesondere die Inflationsrate erreicht Rekordwerte. Nach 12,6 Prozent im Gesamtjahr 2007 schnellte sie, so die Angaben des General Statistics Office (GSO), im 1. Halbjahr 2008 auf 18,4 Prozent nach oben (im August sogar um 28,3% gegen�ber dem Vorjahresmonat - schnellster Anstieg seit 1992). Extrem war vor allem die Preissteigerung bei Nahrungsmitteln von 44 Prozent im August. Zugleich bewegten sich die Preise f�r 1 Liter Benzin mit umgerechnet 0,73 Euro und Kerosin mit 0,78 Euro im Monat Juli auf einem Allzeithoch; im August wurden sie wieder leicht gesenkt. Versch�rft wird die Situation f�r die Haushalte zus�tzlich durch den Verfall der B�rsenkurse.
Auf den ersten Blick scheinen sich Vietnams Verbraucher die Kauflaune dennoch nicht wirklich verderben lassen zu wollen, so die Ergebnisse einer im August 2008 ver�ffentlichten Erhebung der Marktforschungsgesellschaft Nielsen. Im internationalen Vergleich f�r das 1. Halbjahr 2008 lag der Indexdes Verbrauchervertrauens ("Nielsen Consumer Confidence Index") des s�dostasiatischen Schwellenlandes an neunter Stelle von insgesamt 51 untersuchten L�ndern - und mit 106 Punkten deutlich �ber dem internationalen Durchschnitt von 88 Punkten.
Auf den zweiten Blick zeigt sich allerdings ein differenzierteres Bild. So hat das Vertrauen in die Zukunft in Vietnam um elf "Nielsen-Punkte" gegen�ber dem 2. Halbjahr 2007 erheblich st�rker nachgelassen als im Rest der Welt mit minus sechs Punkten. Nach Pressemeldungen trauen viele Vietnamesen der Regierung kaum noch zu, die krisenartige Wirtschaftssituation zu meistern. Schon haben Ger�chte �ber weitere Preissteigerungen von Benzin und Reis zu Hamsterk�ufen gef�hrt. Auch die rapide Zunahme von Streiks zur Durchsetzung besserer Arbeitskonditionen sind Zeichen einer allgemeinen Unzufriedenheit. Dabei steht das Land noch verh�ltnism��ig gut da, denn nach Einsch�tzung der Nielsen-Forscher sind die langfristigen Erwartungen in das Wirtschaftswachstum nach wie vor ermutigend.
Zwar d�rfte das Bruttoinlandsprodukt 2008 "nur" um etwa 6,5 Prozent zulegen, doch insbesondere die positiven Arbeitsplatzerwartungen lassen viele Verbraucher weiterhin an ihrer optimistischen Grundstimmung festhalten: 23 Prozent der durch Nielsen Befragten bezeichneten ihre Jobm�glichkeiten f�r die n�chsten zw�lf Monate als "exzellent", weitere 50 Prozent als "gut". Damit steht Vietnam weltweit an achter Stelle. Tats�chlich sind gerade gut qualifizierte Kr�fte durch den starken Zustrom ausl�ndischer Investoren gefragt wie noch nie.
Bislang hat die Preisentwicklung vor allem zu einer Verhaltens�nderung bei den K�ufen gef�hrt. DieVerbraucher sehen sich gezwungen, ihr Einkaufsbudget umzuschichten. W�hrend der Anteil an Grundnahrungsmitteln wieder gewachsen ist, verbuchen weniger notwendige Bereiche wie Kosmetika oder Kleidung Umsatzr�ckg�nge - laut "Vietnam News Agency" im 1. Halbjahr 2008 um zwei beziehungsweise drei Prozent. Gut entwickelten sich hingegen die Absatzzahlen von Elektro�fen (wegen der gestiegenen Gaspreise) und wiederaufladbaren Lampen (wegen der h�ufigen Stromausf�lle).
Insbesondere Waren aus dem Ausland sind f�r Konsumenten jedoch sehr teuer geworden. Dies betrifft auch G�ter aus dem EU-Raum. Zu den erheblich gestiegenen Transportkosten kommen die Wertverluste des Dong gegen�ber dem Euro von knapp 5 Prozent seit Jahresbeginn 2008. In der Folge kostete beispielsweise ein Gebinde deutschen Joghurts im Fachhandel f�r den Kunden innerhalb von zwei Wochen im August 20 Prozent mehr. Durchschnittlich wurden importierte Schokolade und Pralinen, K�se, Kaffee, Wein oder Fruchts�fte um 10 bis 20 Prozent teurer. Insbesondere Markenware verzeichnete noch h�here Preisanstiege. �hnlich sieht die Entwicklung bei Haushaltsger�ten und anderen K�chenger�ten aus, wie Reiskochern oder T�pfen aus der Volksrepublik China, S�dkorea oder Thailand.