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Datum: 2022-12-31

Asien Kurier  vom 1. November 2008

China - Hunger nach Erd�l

Von Bernd Schaaf, bfai-Korrespondent in Shanghai.

Chinas steigender Erd�lverbrauch treibt die Importrechnung f�r diese Produkte steil nach oben. Das Land d�rfte 2008 Japan als Nachfrager �berfl�geln und weltweit nach den USA an zweiter Stelle stehen.
Wurden 2000 noch entsprechende Produkte (SITC 33) im Wert von 18,9 Milliarden US-Dollar aus dem Ausland bezogen, schnellte dieser Wert bis 2007 auf 99,2 Milliarden US-Dollar hoch. 2008 hat sich diese Entwicklung weiter beschleunigt. Im ersten Halbjahr stiegen die Einfuhren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 86,7 Prozent auf 82,4 Milliarden US-Dollar. Im Gesamtjahr d�rften daher nach bfai-Sch�tzungen Branchenerzeugnisse im Wert von 160 bis 180 Milliarden US-Dollar aus dem Ausland bezogen werden. Mit diesem Ergebnis k�nnte die VR China als �limporteur weltweit nach den USA und knapp vor Japan auf Rang zwei liegen.
Der Anteil der Einfuhren von Erd�l und Erd�lerzeugnissen an den Gesamtimporten stieg von 8,4 Prozent im Jahr 2000 auf 10,4 Prozent im Jahr 2007, und 2008 d�rften es etwa 15 Prozent werden. Damit gelangt China in die N�he der USA, in denen 2007 gut 17,4 Prozent der gesamten Importe auf diese Sparte entfielen. Diese Entwicklung ist der Hauptgrund daf�r, dass der �berschuss im chinesischen Au�enhandel im ersten Halbjahr 2008 imVergleich zur Vorperiode um 11,7 Prozent auf 99,7 Milliarden US-Dollar zur�ckging.
Beijing ist die gesamte Situation im Energiesektor ein Dorn im Auge. Angesichts der raschen Entwicklung der Wirtschaft mit st�ndigen zweistelligen Zuwachsraten in den vergangenen Jahren kann die Energieversorgung des Landes kaum Schritt halten, obwohl die Investitionen in Kohle-, Kern- und Wasserkraft kr�ftig stiegen.
China k�mpft damit an verschiedenen Fronten. So will Beijing einerseits die Bezugsl�nder diversifizieren, um von Lieferungen einzelner L�nder unabh�ngiger zu werden. In j�ngster Zeit waren in diesem Zusammenhang mit Venezuela und Nigeria zwei Staaten im Visier, die bislang als Exporteure nach China kaum in Erscheinung getreten waren. Andererseits ist das Land bestrebt, durch Akquisitionen selbst einen direkteren Zugriff auf Erd�llagerst�tten zu bekommen. Dies betrifft beispielsweise Lager in Sibirien, Syrien oder Nigeria. Schlie�lich geht es auch darum, die eigene Technologie vor allem im Offshore-Bereich zu komplettieren.
China hat in den vergangenen Jahren die politischen Beziehungen zu Venezuela intensiviert, um k�nftig vom �lreichtum des weltweit f�nftgr��ten Exporteurs profitieren zu k�nnen. Dies entspricht dem Wunsch des venezolanischen Pr�sidenten Chavez, sich vom bisherigen Gro�abnehmer und politischen Gegner USA unabh�ngiger zu machen.
Schon 2006 hatte es erste Abkommen mit dem lateinamerikanischen Land gegeben, die vorsahen,
gemeinsam 18 Tanker zu bauen und zw�lf Erd�lbohrt�rme f�r den Offshore-Bereich. Damals sollte der t�gliche Export von venezolanischem �l nach China von 150.000 auf 200.000 Barrel pro Tag (bpd) gesteigert werden. Heute sind nach Angaben der "Guoji Jinrong Bao" (International Finance News) bereits 250.000 bpd erreicht, 2009 sollen es 500.000 bpd und bis 2012 d�rften 1 Millionen bpd geliefert werden.
Bis 2012 sollen 45 Prozent der venezolanischen Ausfuhr von Erd�l und Erd�lerzeugnissen nach China verschifft werden. Bereits jetzt erh�hten sich die chinesischen Gesamteinfuhren aus Venezuela nach Angaben der Zollstatistik im 1. Halbjahr 2008 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 202,3 Prozent auf 4,3 Milliarden US-Dollar.
Ferner einigten sich China und Venezuela beim j�ngsten Staatsbesuch Chavez� darauf, einen �l- und Petrochemie-Fond zu gr�nden, der 12 Milliarden US-Dollar schwer sein soll - doppelt so hoch, wie urspr�nglich vorgesehen. Dem Vernehmen nach sollen zwei Drittel des Fonds auf China und der Rest auf Venezuela entfallen.
Wie es in der "Guoji Jinrong Bao" weiter hei�t, sollen gemeinsam insgesamt vier gro�e Erd�ltanker gebaut werden zum Transport von venezolanischem �l nach China. Ferner sind vier Raffinerien geplant, davon soll eine in Orinoco-Gebiet im Westen Venezuelas errichtet werden. Schlie�lich ist die Gr�ndung eines bilateralen Gemeinschaftsunternehmens vorgesehen. Dessen Aufgabe soll es sein, k�nftig Venezuelas Erd�l und Petrochemieprodukte nach ganz Asien zu verschiffen und dort zu verkaufen.
Unterdessen verst�rkt sich die Fokussierung der chinesischen Regierung auf den Abbau von Ressourcen in Afrika. J�ngster Deal ist ein Abkommen zwischen der China National Petroleum Corporation (CNPC) und Niger im Umfang von 5 Milliarden US-Dollar. Die Vereinbarung sieht vor, dass CNPC innerhalb von drei Jahren den Abbau von Erd�l in Agadem auf die Beine stellt. Dort befinden sich nach Angaben der Regierung von Niger �lreserven im Umfang von 324 Millionen Barrels.
Das Abkommen umfasst den Bau einer 2.000 km langen Pipeline zum Transport des Erd�ls. Ferner sollen chinesische Firmen eine Raffinerie mit einer Kapazit�t von 20.000 bpd in der Stadt Zinder im S�den Nigers errichten. China treibt damit seine Pr�senz in Afrika kontinuierlich voran. Schon bisher ist das Land der gr��te Investor im Sudan. Dar�ber hinaus sind chinesische Firmen in Nigeria, Angola, �quatorialguinea sowie im Tschad t�tig.
Dass China k�nftig auch verst�rkt seine Akquisition im Erd�lsektor vorantreiben will, zeigt das Beispiel des kanadischen Unternehmens Tanganyika Oil Company Limited. Die Sinopec International Petroleum Exploration and Production Corporation (SIPC), eine Tochter der Sinopec Group, war vor kurzem erfolgreich bei der �bernahme des Torontoer Unternehmens. SIPC bot 2 Milliarden US-Dollar f�r die Firma, die nach eigenen Angaben schwerpunktm��ig in Syrien operiert. Im ersten Halbjahr 2008 wurden 16.670 bpd in Oudeh sowie in Tishrine/Sheik Mansour gef�rdert. Die chinesische Regierung muss dem Gesch�ft allerdings noch bis sp�testens zum Jahresende 2008 zustimmen.
Immer �fter konkurrieren indes die gro�en �lnachfrager China und Indien miteinander. Im Visier hatten beide Staaten den russischen �lproduzenten Imperial Energy, der �ber abbaubare Reserven von 920 Millionen Barrel in Westsibirien verf�gt. Sieger in dem Bieterwettkampf war schlie�lich die Tochter der indischen Oiland Natural Gas Corporation Ltd. (ONGC), ONGC Videsh, die f�r umgerechnet knapp 1,7 Milliarden US-Dollar den Zuschlag erhielt. Auch bei diesem Projekt steht die Zustimmung der Regierung, in diesem Fall Moskaus, noch aus.
Mit dem Ziel, auch technologisch aufzuschlie�en, bem�hte sich der chinesische Staatskonzern China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) �ber seine Tochter China Oilfield Services Limited (COSL) um die Awilco Offshore. COSL �bernimmt diese norwegische Offshore �lbohrgesellschaft f�r umgerechnet 2,5 Milliarden US-Dollar. Dies ist die erste ausl�ndische Akquisition der COSL, und die Firmenvision sieht vor, bis 2010 einwettbewerbsf�higer internationaler Anbieter von "Oil Services" zu werden.