Asien Kurier 2/2007 vom 1. August 2007
Philippinen

Expansives Wachstum

Relativ geringe Lohnkosten machen Business Process Outsourcing auf den Philippinen attraktiv.

Von Thomas Hundt (gtai)

Das starke Wachstum des Dienstleistungssektors im asiatischen Wirtschaftsraum ist ein fester Bestandteil der regionalen Wirtschaftsentwicklung. Nach dem Marktf�hrer Indien sind die Philippinen ein erfolgreiches Beispiel f�r die Entwicklung eines exportorientierten Dienstleistungssektors und einer der besten zehn Standorte f�r das Business Process Outsourcing (BPO). Mit steuerlichen Anreizen f�rdert der Staat die Branche.

In den j�ngsten Jahren geh�rte die Auslagerung von Gesch�ftsprozessen an externe Dienstleister zu den am st�rksten wachsenden Teilbereich der philippinischen Volkswirtschaft. Der Gro�teil der Kunden sind ausl�ndische Unternehmen (Exportquote: 92%). Die weite Verbreitung von Call Centern bietet Chancen f�r ein geographisch ausgeglichenes Wirtschaftswachstum. Da der BPO-Sektor relative geringe infrastrukturelle Voraussetzungen mitbringt, siedelten sich viele BPO-Firmen au�erhalb Manila und Cebu an,

Zwischen 2000 und 2005 verzeichnete dieser Industriezweig im Land ein starkes Wachstum, wobei der Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 0,1 auf 2,4 Prozent stieg. Das gr��te Segment der BPO-Industrie sind Call Center, welche vergangenes Jahr mit 2,36 Milliarden US-Dollar knapp 70 Prozent des Jahresumsatzes der Branche (3,46 Mrd. US$) erwirtschafteten. Die n�chst gr��eren Bereiche sind B�rodienstleistungen (288 Millionen US$) und Software-Entwicklung (272 Millionen US$). Expertensch�tzungen zufolge liegt der weltweite Jahresumsatz von BPO-Firmen bei mehr als 300 Milliarden US-Dollar.

Mit einer durchschnittlichen Besch�ftigungszahl von Tausend Mitarbeitern sind Call Center

zugleich der gr��te Arbeitgeber der Branche. Sie besch�ftigen 160.000 der 237.000 Arbeitskr�fte, gefolgt von B�rodienstleistungen (36.000) und Softwareentwicklung (16.000).

Die Philippinen sind ein vergleichsweise g�nstiger Standort f�r die BPO-Industrie. Der Inselstaat

profitiert vor allem von weit verbreiteten Englischkenntnissen und kultureller N�he zu den Vereinigten Staaten. Das Lohnkostenniveau f�r Mitarbeiter ist mit durchschnittlich 9.844 US-Dollar pro Jahr im internationalen Vergleich g�nstig. B�romieten sind mit nur 32 Prozent der indischen und 40 Prozent der chinesischen Kosten sehr g�nstig. Lagen im Jahre 2004 die Telefonkosten deutlich �ber jenen in anderen asiatischen L�ndern, so sind sie heute zu den g�nstigsten geworden. Auch die Unternehmensbesteuerung liegt mit 32 Prozent auf dem gleichen Niveau wie in China und Thailand und ist niedriger als in Indien. Nachteile sind jedoch verh�ltnism��ig hohe Stromkosten und B�rokratie. Der Anteil von Arbeitskr�ften mit Hochschulbildung im Alter von zwischen 25 und 34 Jahren ist mit 17 Prozent deutlich niedriger als in Singapur oder Korea, jedoch fast doppelt so hoch wie in Indien und auf vergleichbarem Niveau wie Thailand und Malaysia. Nach Sch�tzungen der ?Kommission f�r H�here Bildung? wird die Zahl von Hochschulabg�ngern in Fachbereichen, die sich zu einer Anstellung im BPO-Bereich eignen w�rden, von 302.914 in 2006 auf rund 350.000 in 2010 ansteigen. Da jedoch Call Center vergleichsweise hohe Anforderungen f�r wenig wissensintensive Berufe wie Kundenbetreuung stellen, lag die Einstellungsrate trotz gro�er Nachfrage nach Mitarbeitern vorletztes Jahr nur bei drei bis f�nf Prozent.

Das Angebot englischsprachiger Kr�fte mit guten analytischen F�higkeiten, Kommunikationsf�higkeiten und oftmals auch Computerkenntnissen liegt unterhalb der Nachfrage der Industrie. So werden beispielsweise f�r einen Telefonisten in einem Kundenkontaktzentrum zwei bis vier Jahre Collegebildung, Computerkurse f�r technischen Service, ausgezeichnete Englischkenntnisse, Sozialkompetenz und ein Produkttraining vorausgesetzt.

Motor der Branche ist der private Sektor: das j�hrliche Investitionsvolumen wuchs von knapp 50 Millionen (2000) auf 220 Millionen US-Dollar (2001) und spielte sich auf 90 Millionen bis 130 Millionen US-Dollar in den darauf folgenden vier Jahren ein. Viel davon stammt aus dem Ausland, insbesondere dem angels�chsischen Raum. Zu den grossen Unternehmen, die auf den Philippinen operieren, geh�ren die Citigroup, Hewlett Packard, HSBC und Siemens.

Die F�rderung des Business Process Outsourcing durch die Regierung spielte bei der Entwicklung der Branche eine untergeordnete Rolle. Sie begann mit der Einrichtung des Informationstechnologie und ?eCommerce-Rats? und dessen Branchen-Richtlinien im Jahre 2001. Vier Jahre sp�ter wurde der philippinische ?Cyberservices Korridor? zu einer IT-Dienstleistungszone designiert. Im M�rz 2006 sagte die Regierung 10 Millionen US-Dollar f�r Stipendienprogramme zur Ausbildung von BPO-Bewerbern zu. Dieses Programm vergibt Trainingszertifikate f�r Arbeiter die wegen mangelnder Qualifikation nicht direkt in die Branche �bernommen werden. Von 65.000 Zertifikaten wurden 60.000 an Kundenkontaktzentren vergeben. Au�erdem bietet die Regierung Steuerbefreiungen und andere Anreize f�r ausl�ndische Investoren. Diese Anreize umfassen Einkommenssteuerbefreiungen f�r drei bis sechs Jahre, dauerhafte Steuerbefreiungen f�r importierte Kapitalausstattung und zehn Jahre Steuerbefreiung f�r Ausfuhrsteuern, sowie Steuerbefreiungen f�r Arbeitskosten und Infrastrukturaufbau auf zu versteuerndes Einkommen.

Zus�tzlich offeriert der Staat Arbeitsvisen f�r Ausl�nder in F�hrungspositionen f�r f�nf Jahre, vereinfachte Zollbestimmungen und weitere Steuererleichterungen f�r Angestellte ausl�ndischer Unternehmen. Nach einem Ranking der Management Beratungsfirma A.T. Kearney geh�ren die Philippinen zu den f�nf attraktivsten Standorten f�r Offshoring, vor allem durch ihre g�nstige Finanzstruktur. Diese wird an Gehaltskosten, Infrastrukturkosten sowie Steuerkosten gemessen wird.

Die Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) in Manila prognostiziert f�r die Zeit bis 2010 eine Zunahme der Besch�ftigungszahl der BPO-Branche bis 2010 auf bis zu 800.000 und wachsende Jahrsums�tze zwischen 8,5 Milliarden bis 12,2 Milliarden US-Dollar. Dies hie�e, dass zwischen sieben und elf Prozent aller neuen Arbeitspl�tze im BPO-Sektor geschaffen w�rden - recht hoch f�r eine einzelne Branche! Jedch liegen diese Zahlen unter den optimistischeren Prognosen des lokalen BPO-Verbands und der Regierung, die bei einem Jahresgesamtumsatz von 12,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 eine Million Arbeitspl�tze erwarten.

Auch wenn die Zahlen f�r 2006 n�her an den Sch�tzungen von Verband und Regierung lagen, h�ngen Zukunftsprognosen vor allem von einer ausreichenden Zahl an qualifizierten Hochschulabg�ngern ab. Die Trends sind positiv und Einstellungsquoten verbesserten sich auf 10 bis 15 Prozent von nur 3 Prozent bis 5 Prozent im Vorjahr. Im gesamten philippinischen Arbeitsmarkt w�rde dies selbst nach konservativeren Sch�tzungen die Schaffung von zwischen 536.000 und 1.1 Millionen Arbeitspl�tze zwischen 2006 bis 2010 zur Folge haben, eine ausreichende Zahl von qualifizierten Bewerbern vorausgesetzt.

Der Anteil der Lohnkosten betr�gt 31 Prozent der Gesamtkosten. Demnach generiert eine Umsatzsteigerung der Industrie von 1,038 Milliarden US$ (2006) einen direkten Gehaltszuwachs von 322 Millionen US-Dollar. Nach verschiedenen Sch�tzungen der ADB soll der j�hrliche Gehaltszuwachs der Industrie auf zwischen 661 Millionen und 944 Millionen US-Dollar im Jahr 2010 steigen, und weitere 198 Millionen bis 282 Millionen US-Dollar in anderen Industriezweigen generieren.

Die Jahresgeh�lter f�r Angestellte im BPO-Gesch�ft von durchschnittlich 9.844 US-Dollar (Einstiegsgehalt: 5.748 US$) liegen verglichen mit dem Durchschnittseinkommen der Hauptstadt Manila (1.000 bis 2.650 US$) recht hoch.


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