' )China - Standort zu teuer
Asien Kurier 1/2008 vom 1. Januar 2008
China

Standort zu teuer

Von Dr. Roland Rohde (gtai)

Unternehmen insbesondere der Leichtindustrie, die ihre Fertigung aus Kostengr�nden nach China verlagert hatten, stehen vor einem Dilemma. In den wirtschaftlichen Kerngebieten steigen die L�hne und Mieten unaufh�rlich. Zudem will die Regierung in Beijing durch fiskalische Vorschriften einfache Lohnfertiger aus dem Land dr�ngen. Es fehlen indes Alternativen. Die inneren Provinzen liegen zu weit ab vom Schuss, und die Arbeitskosten in Nachbarstaaten wie Vietnam sind kaum niedriger als im "Reich der Mitte".

Der Osten Chinas ist mittlerweile keine Billigregion mehr. In den �konomischen Zentren steigen die Arbeitsentgelte und Grundst�ckspreise j�hrlich mit zweistelligen Raten, ohne dass ein Ende des Wachstums abzusehen w�re. Einheimische Unternehmen sowie ausl�ndische Investoren, insbesondere in arbeitsintensiven Branchen, stehen daher vor der Frage einer Verlagerung ihrer Fertigung in kosteng�nstigere Provinzen oder sogar in andere Staaten S�dostasiens.

In Shanghai sind zahlreiche Firmen bereits vor Jahren in die benachbarten Provinzen Zhejiang und Jiangsu abgewandert. Die B�romieten �bersteigen zum Verdruss internationaler Unternehmen teilweise sogar diejenigen Hongkongs.

Der Auslagerungstrend ist auch im s�dchinesischen Perflussdelta angekommen. Um die Jahrtausendwende waren hier noch N�herinnen f�r unter 70 Euro zu bekommen. Inzwischen liegen die Bruttol�hne f�r Fabrikarbeiter in Shenzhen bei rund 170 Euro. Die Grundst�ckspreise stellen ebenso keine Schn�ppchen mehr dar. Wie ein s�dkoreanischer Unternehmer berichtet, seien B�ros in der Innenstadt genauso teuer wie in der Peripherie Seouls. Er nahm darauf hin von Investitionen in der Metropole Abstand.

Dar�ber hinaus herrscht sowohl im Yangzi- als auch im Perlflussdelta ein Mangel an nahezu allen Produktionsfaktoren. Nach Angaben eines deutschen Logistikkonzerns ist es in Shanghai extrem schwierig qualifiziertes Personal zu finden und anschlie�end zu halten. Die Fluktuation sei mit j�hrlich 25 Prozent unertr�glich hoch. In keiner anderen Niederlassung in China herrschten �hnlich chaotische Verh�ltnisse.

Im Perlflussdelta sieht die Situation personalseitig ein wenig entspannter aus. Daf�r sind in Industriest�dten wie Dongguan Grund und Boden knapp, und regelm��ige Stromrationierungen geh�ren zum Alltag. Zwar wussten sich Unternehmen durch die Anschaffung von Generatoren zu helfen. Steigende Dieselpreise machen diese Art der Elektrizit�tserzeugung aber immer teurer. Administrative Regelungen treiben indes die Kosten weiter in die H�he. Die Regierung in Beijing hat 2007 strenge fiskalische Ma�nahmen eingef�hrt, um die sogenannten Lohnfertiger abzustrafen. So m�ssen Unternehmer in bestimmten Branchen f�r ihre importierten Vorprodukte Kautionen in bar hinterlegen. Zudem wurde die entsprechende Mehrwertsteuerr�ckerstattung reduziert.

Der Hong Kong Trade Development Council warnte, dass zehntausende Fabriken im Perflussdelta, die sich Hongkonger Investoren geh�ren, in den Ruin oder aber in andere L�nder getrieben werden k�nnten. Dies scheint jedoch die Absicht der Zentralregierung zu sein. Sie will die einheimische Industrie h�her positionieren und deren Wertsch�pfung steigern. Einfache Lohnfertiger sind nicht mehr gefragt.

Wer Kosten sparen will, kann ins Hinterland der Provinz Guangdong abwandern. Dort sind L�hne und Grundst�ckspreise noch erschwinglich. Die Containerh�fen in Shenzhen und Hongkong sind zudem nicht allzu weit entfernt. Das garantiert eine g�nstige und zuverl�ssige Versendung der Ware. In Kreisen wie Jieyang haben sich die ersten Industriecluster herausgebildet.

In den inneren Provinzen Chinas sind die L�hne noch einmal g�nstiger, Grundst�cke werden Investoren nahezu kostenlos �berlassen. Zudem gibt es an Standorten wie Chengdu ein �berangebot an qualifizierten Kr�ften. Doch viele Unternehmen scheuen den Weg dorthin. Einsparungen bei den Geh�ltern stehen n�mlich h�here Logistikkosten mit l�ngeren Transportzeiten gegen�ber.

Wie die Unternehmensberatung Dezan Shiraz anhand eines Fallbeispiels berechnete, kann es im Falle einer Fertigungsauslagerung sogar zu einer Erh�hung der gesamten Produktionskosten kommen. Landeskenner k�nnen daher bis jetzt noch keine massive Verlagerung von Fabriken in die inneren Provinzen Chinas, sondern lediglich ins Hinterland Guangdongs feststellen.

Derweil kommt S�dostasien wieder in Mode. Vietnams L�hne liegen zwar nahezu auf dem Niveau Chinas. Daf�r sind die dortigen Energiekosten niedriger, und die Regierung hofiert ausl�ndische Investoren, statt sie mit fiskalischen Ma�nahmen abzuschrecken. Taiwanische Kapitalgeber haben bereits mehrere Milliarden US-Dollar ins Land gepumpt. Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um kostengetriebene Auslagerungen, sondern auch um Neuinvestitionen. Sie wollen sich einen Anteil am wachsenden vietnamesischen Markt sichern und ihre Abh�ngigkeit von China reduzieren. Auch Lee & Man Paper Manufacturing aus Hongkong will dem "Reich der Mitte" den R�cken kehren und wird 135 Millionen Euro in Vietnam investieren.

Kambodscha d�rfte als echter Geheimtipp gelten. Das Land hat sich bereits als Produzent von Bekleidung und Schuhen einen Namen gemacht. Im Jahr 2006 beliefen sich die entsprechenden Ausfuhren, die rund 80 Prozent der landesweiten Exporte ausmachen, auf 1,8 Milliarden Euro, ein Plus von rund einem Drittel im Vergleich zu 2005. Die bekanntesten Abnehmer sind unter anderem Adidas, Puma, Deichmann und Tchibo.

S�dkoreanische Unternehmen spielen bei der Entwicklung des Landes eine Vorreiterrolle. �berall sind ihre Firmenschilder zu sehen, Gesch�ftsleute und Touristen aus dem Tigerstaat geben sich in den Hotels die Klinke in die Hand. Das bislang f�r seine Sehensw�rdigkeiten bekannte Siem Reap (Angkor Wat) hat sich als ein wichtiges �konomisches Zentrum etabliert.


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