' )Buchbesprechung - Indien erwacht
Asien Kurier 4/2008 vom 1. April 2008
Buchbesprechung

Indien erwacht

Von Daniel M�ller

Die Themen von Sachb�chern unterliegen nicht selten regelrechten Zyklen. Dies gilt auch f�r die asienbezogene Literatur: Nachdem der China-Hype bereits mehrere Auflagen erlebt hatte, r�ckte peu � peu der indische Subkontinent in den Fokus derjenigen, die nach vielversprechenden Kandidaten f�r eine prominente Rolle auf der Weltb�hne Ausschau halten, um damit das Diktum vom ?Asiatischen Jahrhundert? weiter zu unterf�ttern.

Im Jahr 2006 hatte dann auch die Indien-Mode ihren ersten H�hepunkt gefunden. In diesem Sinne ein wenig versp�tet, daf�r aber umso profunder meldet sich nun der Doyen der deutschen Indien-Forschung zu Wort.

Wer mit dem ?uvre von Dietmar Rothermund vertraut ist, dem f�llt schnell auf, dass es sich bei dem vorliegenden Werk weniger um eine Darstellung neu erworbener Erkenntnisse, als um eine Symbiose fr�herer Forschungsarbeiten handelt. Dies muss jedoch nicht als Makel gewertet werden. Denn auf diese Weise flie�en empirisch geh�rtete und mit einem historischen Tiefenblick gewonnene Einsch�tzungen in die Argumentation ein.

Rothermunds These lautet, dass die Indische Union gute Chancen besitzt, zu einem ma�geblichen Player des 21. Jahrhunderts zu avancieren. Der indische Aufstieg sei dabei bis zu einem gewissen Punkt ein nahezu zwangsl�ufiger Vorgang, da sich das Land nach der Unabh�ngigkeit im Interesse einer Konsolidierung der Demokratie selbst gefesselt und sein wirtschaftliches Potential nicht voll ausgesch�pft hat. In dem Ma�e wie es gelang, dem heterogenen Land Stabilit�t zu verleihen, konnte dann auch effizienzf�rdernden Marktkr�ften gr��ere Spielr�ume einger�umt werden.

Retrospektiv erscheint diese Strategie als klug gew�hlt, denn sie hat Indien, so Rothermund, in die Lage versetzt, seine �konomische Aufholjagd von einer soliden politischen Basis aus zu starten. Dieses Umfeld komme auch einer neuen Entrepreneur-Generation zugute, welche die Haupttr�ger des Aufschwungs sind. Im Gegensatz zu ihren selbstgen�gsamen Vorg�ngern nutzen sie selbstbewusst, kreativ und pragmatisch die von der globalen Wissens�konomie offerierten M�glichkeiten. Von Dauer k�nnte der indische Erfolg vor allem deshalb sein, weil er auf Zukunftsbranchen wie den Life Sciences gr�ndet.

Einen Selbstl�ufer stellt dieser komparative Vorteil f�r den Autor allerdings nicht dar, weshalb weiter konsequent auf modernste Technologie gesetzt werden m�sse. Zentral f�r eine nachhaltige Entwicklung sei zudem die F�rderung von Humankapital, was in erster Linie f�r die Vermittlung von elementarer Bildung in den d�rflichen Grundschulen gilt. Wie �berhaupt die Landwirtschaft Indiens Achillesferse darstellt. Falls es nicht gelingt, deren Produktivit�t signifikant zu steigern, k�nnten die Ungleichzeitigkeiten gleichsam zementiert werden.

Als neuralgisch stellen sich fernerhin die Wasser- und Energieknappheit sowie eine desolate Infrastruktur dar. Unl�sbar sind diese Probleme aber nicht. Wenn es Indien gelingt, diese Herausforderungen zu meistern und marginalisierte Gruppen wie Muslime und Unber�hrbare besser zu integrieren, steht einer globalen F�hrungsrolle nichts mehr im Wege. F�r Rothermund w�re dies eine positive Nachricht, da ein kooperatives Indien bei der L�sung mancher Weltprobleme helfen k�nnte.

Dietmar Rothermund, Indien. Aufstieg einer asiatischen Weltmacht, Verlag C.H. Beck, M�nchen 2008

26,90 Euro, 336 Seiten, ISBN 978-3-406-57067-4


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