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Asien Kurier  5/2015 vom 1. Mai 2015
Bangladesch

Textilproduzenten müssen besser werden

Die Folgen der Textilfabrikunglücke sind in der Außenhandelsstatistik spürbar; die Konkurrenzfähigkeit der lokalen Hersteller gefährdet.

Von Anna Westenberger in Dhaka

Die bangladeschischen Hersteller von Textilien und Bekleidung konnten ihre Ausfuhren zuletzt kaum noch steigern. Die Forderungen ausländischer Abnehmer nach höheren Sicherheitsstandards infolge der Unglücke in Fabriken, die politische Instabilität sowie chronische Infrastrukturengpässe wirken sich negativ auf die Produktion aus und erhöhen die Kosten. Dennoch bleiben die langfristigen Aussichten gut, wenn die Branche in eine breitere und modernere Fertigung investiert.

Textilarbeiter in Bangladesch
Foto: Christiane Neubauer

Die bangladeschische Textilindustrie blickt optimistisch in die Zukunft, hat aktuell aber noch mit den Auswirkungen der schweren Unglücke in Textilfabriken sowie der anhaltenden instabilen politischen Lage zu kämpfen. Die Herausforderungen, die die schwache Konjunktur in wichtigen Abnehmermärkten mit sich brachte, überwand die Branche in den vergangenen beiden Finanzjahren 2012/13 und 2013/14 (1.7. bis 30.6.). Die Exporte von Bekleidung legten in den beiden Zeiträumen um knapp 13 beziehungsweise 14% auf 24,5 Milliarden US$ zu. Im 1. Halbjahr 2014/15 schwächte sich das Wachstum jedoch wieder deutlich auf 0,8% gegenüber der Vorjahresperiode ab.

In Anbetracht der Bedeutung der Textilindustrie für die Wirtschaft ist ein kräftiges Wachstum für die weitere Entwicklung des südasiatischen Landes unerlässlich. Spezial- und Heimtextilien, gewebte Bekleidung und Maschenware standen im Finanzjahr 2013/14 insgesamt für rund 84% der gesamten Exporte Bangladeschs und lagen damit bei rund 17% des Bruttoinlandsprodukts.

Analysten von McKinsey führten im Jahr 2011 in Kooperation mit der Bangladesh German Chamber of Commerce and Industry eine Studie zum Thema "Bangladesh's Ready-made Garments Landscape: The Challenge of Growth" durch. Dabei kamen sie zu der Einschätzung, dass die Ausfuhren der Textilindustrie in den nächsten zehn Jahren mit durchschnittlichen Wachstumsraten von 7 bis 9% zulegen dürften. Eine entsprechende Umfrage unter Lieferanten und Abnehmern ergab sogar ein deutlich optimistischeres Bild mit einer erwarteten Steigerung von über 10% per annum.

Bis 2020 könnte sich der Wert der Exporte dann im Vergleich zu 2010 knapp verdreifachen, so McKinsey. Auch die Bangladesh Garment Manufacturers' and Exporters' Association (BGMEA) hält trotz der aktuell schwächeren Entwicklung weiter an ihrem hochgesteckten Ziel fest: Bis 2021 soll die Branche Waren im Wert von 50 Milliarden US$ ausführen.

Wichtigste Abnehmer Europa und USA
Bangladesch ist nach der VR China der zweitgrößte Exporteur von Textilien und Bekleidung weltweit. Die Hersteller konzentrieren sich bislang überwiegend auf ihre traditionellen Absatzmärkte in Europa sowie den USA. Letztere standen im Finanzjahr 2013/14 für gut 20% der bangladeschischen Textilexporte. Deutschland lag an zweiter Stelle und nahm 18% der Ausfuhren ab, mit einigem Abstand folgte Großbritannien mit knapp 11%.

Große internationale Einzelhandelsketten, fast ausschließlich aus dem Niedrigpreissegment, hatten bereits in den 80er-Jahren damit begonnen, Textilien und Bekleidung in Bangladesch zu beschaffen. Viele Kunden intensivierten ihre Einkaufsaktivitäten über die Jahre. Einige haben eigene Beschaffungsbüros vor Ort eröffnet und beziehen die Waren direkt vom Hersteller.

2011 planten internationale Einkäufer noch, ihre Aktivitäten in Bangladesch auch künftig weiter auszubauen. Inzwischen überdenken sie vor allem infolge der zahlreichen Unglücke in bangladeschischen Fabriken ihre Strategie, so eine neue McKinsey-Umfrage aus dem Jahr 2013. Im Jahr 2011 zählten noch über 80% der Befragten Bangladesch zu einem der drei Länder, die in den folgenden fünf Jahren als Beschaffungsstandort an Bedeutung gewinnen werden. Bis 2013 sank dieser Anteil auf nur noch gut 50% ab. Dennoch gaben 83% der Befragten an, in den kommenden ein bis zwei Jahren den Wert ihrer Einkäufe in dem südasiatischen Land erhöhen zu wollen. Aktuell ergibt sich kein klares Bild, inwieweit sich die Ereignisse langfristig auf das Einkaufsverhalten der traditionellen westlichen Abnehmer auswirken werden.

Über sehr gute "Corporate Social Responsibility"-Standards verfügten bis zu den Unglücken lediglich schätzungsweise 1 bis 2% der Hersteller; zum Teil angestoßen von ausländischen Kunden. Nach der Katastrophe von Rana Plaza im Jahr 2013 nahmen sich europäische wie auch Abnehmer aus den USA vor, mehr Verantwortung zu übernehmen und die Verhältnisse zu verbessern. Seither haben diese so genannten Accord- und Alliance-Initiativen rund 30 Fabriken infolge von Inspektionen geschlossen.

Darüber hinaus stellten etwa 220 kleinere und mittlere Firmen ihren Betrieb ein. Zum einen wollten sie die von Auftraggebern oder Endkunden geforderten Verbesserungen der Arbeits- und Gebäudesicherheit aus Kostengründen nicht durchführen. Zum anderen verlagerten einige westliche Kunden ihre Aufträge. Dies wirkt sich negativ auf die Fertigungskapazitäten und damit die Exportfähigkeit der gesamten Branche aus.

Steigende Kosten schmälern die Wettbewerbsfähigkeit
Bislang sind es vor allem einige größere etablierte Werke, die bereit sind, in bessere Arbeitsbedingungen zu investieren. Doch ziehen nun auch kleine und mittelgroße Betriebe - insbesondere mit Exportorientierung - nach. Firmen legen die entsprechenden Ausgaben jedoch auf die Preise der Produkte um. Darüber hinaus haben streikendeTextilarbeiter 2013 eine deutliche Erhöhung ihrer Mindestlöhne durchgesetzt. Doch mit 60 Euro ist der Monatslohn noch akzeptabel - das gilt auch verglichen mit Myanmar und Kambodscha. Dennoch dürften sich die Steigerungen mittelfristig auf die Produktpreise auswirken.

Diese Faktoren kombiniert mit den hohen Kosten für Kontrollen entlang der oft langen und unübersichtlichen Lieferketten könnten dazu führen, dass sich Einkäufer verstärkt nach Alternativen umschauen, die bei ähnlichen oder etwas höheren Kosten ein einfacheres Geschäftsumfeld oder eine höhere Produktivität bieten. Insbesondere Indien wird von der bangladeschischen Textilindustrie als harter Konkurrent gefürchtet, aber auch Vietnam, Kambodscha, Pakistan und Myanmar dürften beispielsweise an Bedeutung gewinnen. Einige dieser Länder müssten jedoch zunächst ausreichend Kapazitäten und Know-how aufbauen, um einen bedeutenden Teil der Aufträge übernehmen zu können.

Positiv auf die Kosten bangladeschischer Bekleidung wirken sich die Marktzugangserleichterungen aus, die dem Land von einer Reihe wichtiger Absatzmärkte gewährt werden. Exporte in die EU, die 2013/14 für rund 56% der gesamten bangladeschischen Ausfuhren standen, unterliegen im Rahmen der Everything-but-Arms-Regelung des Allgemeinen Präferenzsystems (GSP) weder Quoten noch Einfuhrzöllen. Dies bedeutet für Bangladeschs Textilausfuhren einen komparativen Preisvorteil von 12% im europäischen Markt. Dabei bleibt zu beachten, dass die EU auch anderen Textilproduzenten wie Kambodscha und Myanmar zollfreien Zugang zum Markts gewährt und sich somit der Preisvorteil im Vergleich zu diesen Ländern aufhebt.

Die Exporte in nichttraditionelle Märkte sind bislang noch gering, nehmen jedoch rasch zu. Insbesondere Nachbarländer wie die VR China und Indien, aber auch lateinamerikanische Staaten sowie Südafrika und Russland sollen in naher Zukunft als Absatzmärkte an Bedeutung gewinnen. Neben der Diversifizierung der Abnehmerländer sollte Bangladesch auch einen stärkeren Fokus auf die Ausweitung der Produktpalette sowie der angebotenen Qualität legen.

Die Produzenten müssen die Fertigung modernisieren
Ausländische Unternehmen beschreiben sowohl die Qualität als auch die Fertigungszeiten im Niedrigpreissegment als befriedigend. Vor diesem Hintergrund zeigen sie durchaus Interesse, auch modischere und anspruchsvollere Bekleidung fertigen zu lassen. Einzelne internationale Händler von Waren des mittleren Preissegments haben bereits mit entsprechenden Beschaffungsaktivitäten begonnen oder planen diese für die nahe Zukunft. Dies passiert unter anderem aufgrund steigender Fertigungskosten in der VR China. Die Exporte dieser gehobenen Produktkategorie könnten künftig deutlich schneller zulegen als die von Billigwaren. Dazu muss Bangladesch jedoch seine Produktivität erhöhen.

Die Mehrzahl der über 5.000 Bekleidungsfabriken ganz unterschiedlicher Größe arbeitet auf niedrigem Niveau und mit hohem manuellen Anteil. Branchenkennern zufolge dürften lediglich etwa 300 bis 500 Hersteller auf fortgeschrittenem Level produzieren. Die anhaltend hohen Zinsen im zweistelligen Bereich wirken sich hemmend auf die Modernisierung der Branche aus. Industrieverbände nennen ein Zinsniveau im einstelligen Bereich als Voraussetzung für Investitionen in neue Technologien. Nur wenige Firmen sind momentan in der Lage, solche zu realisieren. Bei den meisten Investitionen handelt es sich lediglich um einen geringfügigen Ausbau der bereits bestehenden Produktionsanlagen.

Für die weitere Entwicklung des Sektors stellt neben der ungenügenden Ausstattung auch die geringe Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte ein Hindernis dar. Der Großteil der rund 4 Millionen in der Textilbranche Beschäftigen erhält lediglich ein kurzes Training "On-the-Job" oder in einer lokalen Nähschule. Ausbildungsstätten im eigentlichen Sinne sind nicht vorhanden. Fachkräfte des mittleren Managements kommen meist aus den Nachbarstaaten. Ein weiterer erschwerender Faktor sind die mangelhaften infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Zwar plant die Regierung den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sowie der Energieversorgung. Aktuell treiben jedoch sowohl Verzögerungen beim Transport als auch die unzureichende Verfügbarkeit von Strom die Betriebskosten in die Höhe.

Die Tatsache, dass Bangladesch einen beträchtlichen Teil der Rohstoffe und Vorerzeugnisse für seine Textilproduktion importieren muss, wirkt sich ebenfalls negativ auf die Konkurrenzfähigkeit der Branche aus. Zwar kann der lokale Primärtextilsektor zu etwa 95% die Nachfrage nach Garnen und zu 90% nach Strickgarnen decken; bei gewebten Stoffen sind die Hersteller von Exporttextilien jedoch zu 60% auf importierte Ware angewiesen. Diese Tatsache bringt neben längeren Lieferzeiten für das Endprodukt auch ein beträchtliches Wechselkursrisiko mit sich.





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