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Datum: 2023-09-11

Asien Kurier  vom 1. Dezember 2008

VAE - Flagge zeigen in schwierigen Zeiten

Von Martin B�ll, gtai-Redakteur in Dubai.

Die "Big 5", die gro�e Baumesse in Dubai, steht im Zeichen der internationalen Finanzkrise. Seit Monaten st�rzen die Aktien der Bautr�ger immer weiter ab und nehmen vorweg, was noch aussteht:
Ein Crash bei den Immobilienpreisen. L�ngerfristig gesehen ist das so schlimm wohl nicht: Eine Konsolidierungsphase war l�ngst �berf�llig und Schaden macht bekanntlich kl�ger. Auch wenn der Boom pausiert - Fortsetzung folgt.
Noch Anfang Oktober 2008 hatte Dubai die j�hrliche Immobilienmesse Cityscape er�ffnet und eine breite Palette Milliarden US-Dollar teurer Bauvorhaben der Superlative vorgestellt, mit denen weitere W�stenfl�chen versiegelt und verbliebene Baul�cken am Strand und sogar im Meer geschlossen werden sollen. Wie zu erwarten, wurden neue Besucherrekorde vermeldet und in Presseverlautbarungen jede Zweifel an der Fortsetzung des Baubooms weggewischt: "Verkehrsstaus sind die einzigen Zeichen einer Verlangsamung".
Das gr��te angek�ndigte Projekt, Jumeira Gardens, ist eine etwa 100 Milliarden US-Dollar teure Erneuerung eines zentralen Stadtgebietes. Da, wo heute noch die mittelst�ndische Al-Wasl-Siedlung steht und das organisch gewachsene Viertel Satwa mit seinen Arbeitern und Gewerbetreibenden, sollen in wenigen Jahren zwei der h�chsten T�rme der Welt gebaut werden, nebst B�ro- und Apartmentgeb�uden, durchzogen von k�nstlichen Kan�len. Und im Meer wird die bislang verbliebene L�cke zwischen Strand und der k�nstlichen Inselgruppe The World durch neu zu schaffende gro�e Sandinseln gef�llt und weitgehend zugebaut.
Das Projekt wird von Meraas Holding gemanagt, einem von der Regierung mit Wohlwollen bedachtem neuen Bauentwickler, der f�r mehr Wettbewerb in dem von Sama, Emaar und Nakheel dominierten Markt sorgen soll. Eine erste Phase werde bereits bis Ende 2013 fertig, alle weiteren Bauabschnitte aber erst binnen der n�chsten zwei Jahrzehnte, hie� es auf der Cityscape. Die anderen Baukonzerne standen dem kaum nach: Nakheel zum Beispiel k�ndigte den Bau eines 1 km hohen Superturmes an - eingerahmt von 40 Hochh�usern. Das Bauwerk soll die k�nstliche Nakheel-Insel Palm Jebel Ali �berblicken. Der gesamte Budgetansatz bel�uft sich auf 38 Milliarden US-Dollar.
Nur einen Monat sp�ter aber ist der pflichtgem��e Medienjubel vergessen: B�rsenzahlen lassen sich nicht so leicht sch�n reden. Aktien lokaler Immobilien-, Bau- und Bankgesellschaften werden in Panikverk�ufen auf den Markt geworfen. Branchenstars wie zum Beispiel Emaar Properties verlieren in k�rzester Zeit fast vier F�nftel ihres B�rsenwertes. Da bleibt den Bauentwicklungsfirmen dann doch nichts anderes �brig, als Schwierigkeiten einzur�umen, zum Beispiel bei der Finanzierung laufender und k�nftiger Projekte.
Selbst "Korrekturen" auf dem Immobilienmarkt werden auf einmal nicht mehr ausgeschlossen, ein Wort, das die Branche zuvor gemieden hatte. Dabei sind die Preise f�r eine Wohnung im nationalen Vorzeigeprojekt, dem Superturm Burj Dubai, binnen weniger Tage schon um bis zu 50 Prozent abgesackt, wie "The National" berichtete.
Die Regierung und die ihr nahestehenden Bauentwicklungsfirmen beraten derweil, wie die Lage stabilisiert werden kann. Nach au�en wird zwar immer noch beteuert, es gebe genug Geld, alle Projekte fortzuf�hren, hinter den Kulissen aber wird dem Vernehmen nach beraten, welche Projekte erst einmal aufgeschoben werden. Vor allem die ganz gro�en und teuren Vorhaben sollen zumindest deutlich verlangsamt werden. Statt langfristiger Finanzierung werden kurzfristige L�sungen angestrebt, bis sich die Lage beruhigt hat.
Dabei sind Dubai und Abu Dhabi sehr darauf bedacht, dass die begonnenen Vorzeigeprojekte weitergef�hrt werden, wie zum Beispiel der Bau der Louvre-Filiale und des Guggenheim-Museums auf der Saadiyat-Insel. Namenlose Hotel-, B�ro- und Apartmentbauten k�nnten dagegen erst einmal in der Schublade verschwinden, ohne dass es jemandem auffiele. Auch mit den l�ngst vorbereiteten Ank�ndigungen neuer Projekte lie�e es sich leicht warten.
Gleichzeitig sind alle Beteiligten bem�ht, die Bedeutung des Immobiliensektors f�r die Volkswirtschaft herunterzuspielen: Die Vereinigten Arabischen Emirate seien prim�r eine Logistikdrehscheibe, ein Industriestandort und eine Oase f�r Dienstleister im IT-, Media-, Ausbildungs- und Gesundheitsgesch�ft hei�t es. Der Immobilienboom sei nur eine Antwort auf die von diesen Sektoren geschaffene Nachfrage nach Bauleistungen gewesen.
So ganz trifft das den Punkt aber wohl doch nicht. Wer am Abend durch die Betonschluchten zum Beispiel von Dubai Marina f�hrt, einer neueren Stadtentwicklung mit einem Apartmentturm neben dem anderen, dem f�llt auf, wie wenig Lichter in den Wohnungen brennen. Wer bei Bewohnern nachfragt, der erf�hrt von gigantischem Leerstand, trotz eines allgemeinen Wohnungsmangels und schwindelerregend hohen Wohnungsmieten. Grund dieser merkw�rdigen Entwicklung: Spekulation.
Weil Banken in der Vergangenheit gro�z�gig waren, brauchte man nur wenig Eigenkapital f�r den Erwerb von Immobilien. Pl�tzlich aber sind die Banken vorsichtiger geworden und wollen nun ein Drittel Eigenkapital sehen. Da ger�t so mancher Anleger ins Schwimmen und will schnell verkaufen. Der K�ufer aber braucht auf einmal auch ein Drittel Eigenkapital, was er vielleicht nicht hat. Wie diese Geschichte ausgehen k�nnte, kann man sich leicht vorstellen.
Wie stark der antizipierte Crash ausfallen wird, wei� man erst nachher. Dass er kommt, daran zweifelt fast niemand mehr. Danach, auch da sind sich Beobachter weitgehend einig, d�rfte es wieder bergauf gehen. Eine solche �bergangsphase d�rfte dazu genutzt werden, Priorit�ten neu zu �berdenken und Infrastrukturen sorgf�ltiger zu planen. Gleichzeitig lie�en sich die Vermarkungsstrategien neu justieren.
Schon jetzt wird dar�ber nachgedacht, zum Beispiel verst�rkt die Bewohner der Arabischen Halbinsel und auch reiche Russen als Touristen und Immobilienk�ufer zu umwerben, weniger aber Europ�er und Amerikaner. Etwaige Finanzierungsengp�sse werden, wie schon geschehen, durch kurzfristige Ma�nahmen �berbr�ckt. Sollte das an �l arme und an aufgenommenen Krediten aber reiche Dubai in eine Schieflage geraten, dann wird das �beraus verm�gende Abu Dhabi einspringen.
Das Fazit f�r deutsche Aussteller auf der Big 5: Jetzt Flagge zeigen. Die VAE-Partner werden es als Solidarit�t in schwieriger Zeit werten. Und wie bei einem verlorenen Fu�ballspiel gilt: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.